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Erklärung des Abgeordneten Ryszard Galla zum 100. Jahrestag des 3. Schlesischen Aufstandes

Quelle: / Źródło: Ryszard Galla Quelle: / Źródło: Ryszard Galla

Zum Gedenken an die Opfer des Konflikts des Jahres 1921 sprach im Sejm der Abgeordnete Ryszard Galla am vergangenen Donnerstag in seiner Erklärung. Wir empfehlen, sich mit dieser ausgewogenen und versöhnlichen Stimme bekanntzumachen.

Frau Marschallin! Mitglieder des hohen Hauses!

In diesem Jahr feiern wir den 100. Jahrestag des 3. Schlesischen Aufstands und den 100. Jahrestag der Volksabstimmung in Oberschlesien. Die Ereignisse von vor 100 Jahren gingen in die Geschichte Europas ein, insbesondere in die Geschichte Polens und Deutschlands.

Der dritte schlesische Aufstand ist immer noch geprägt von dem Drama unzähliger Familien und Menschen, die daran teilnahmen und sowohl auf polnischer als auch auf deutscher Seite kämpften. Es war eine Tragödie für alle, eine Tragödie, die nicht nur zu Menschenopfern beider Seiten führte, sondern auch zu einer tiefen Spaltung, die in vielen Familien, die auf diesem Gebiet leben, Wurzeln schlug.

Anlässlich des 90. Jahrestages des 3. Schlesischen Aufstands auf dem St. Annaberg sagte der Präsident der Republik Polen, Bronisław Komorowski: „Wir vergessen nicht, dass das damalige Drama nicht nur schlesische Dörfer und Städte teilte, sondern auch Familienhäuser und oft einzelne schlesische Familien“.  Und weiter: „Hier würdigen wir den Heldentum der Aufständischen, ohne die Schlesien nicht Teil Polens werden würde, wir respektieren aber auch die Entscheidungen derer, die auf der anderen Seite des Kampfes standen“. Bronisław Komorowski machte auch darauf aufmerksam, dass gegen die schlesischen Aufständischen auch andere Schlesier standen, die sich als Deutsche fühlten und wollten, dass Schlesien weiterhin Teil des deutschen Staates ist. Diese Worte zeigen schmerzlich, wie schwierig, kompliziert und mehrdeutig die Geschichte dieses Gebiets ist.

Als Abgeordneter der deutschen Minderheit im polnischen Sejm ist mir bewusst, dass der Dritte Schlesische Aufstand für die Polen ein sehr polarisierendes Ereignis ist. Selbst 100 Jahre später sind die Emotionen damaliger Ereignisse immer noch lebendig, insbesondere unter Menschen, deren Vorfahren an diesem Aufstand teilgenommen haben oder mit den Aufständischen verwandt waren. Gleichzeitig ist es anlässlich des 100. Jahrestags des dritten schlesischen Aufstands notwendig, allen, die während des Aufstands ums Leben gekommen sind, gehörige Ehre und Respekt zu erweisen, unabhängig davon, ob sie Polen oder Deutsche waren. Denn es muss daran erinnert werden, dass Schlesien seit Jahrhunderten ein Gebiet ist, in dem sich Kulturen, Geschichte und Sprachen vermischen. Menschen, die polnische Staatsbürger, aber deutscher Herkunft sind, haben hier gelebt und leben immer noch. So stellte sich die Geschichte heraus. Schlesien war die Heimat aller Seiten dieses Aufstands. Jede Seite wollte, dass Schlesien Teil ihres Staates ist. Daher die Kämpfe, daher viele menschliche Dramen.

Ich würde mir sehr wünschen, dass die diesjährigen Jubiläumsfeiern im Geiste des gegenseitigen Respekts und der Versöhnung stattfinden. Als Angehöriger der deutschen Minderheit habe ich in diesem Bereich positive Erfahrungen gemacht. Im Jahr 2000 standen wir als Vertreter der deutschen Minderheitenorganisation zusammen mit den Vertretern der lokalen Regierung der Woiwodschaft Oppeln zum ersten Mal auf dem St. Annaberg, um allen Opfern des Aufstandes, einschließlich der Opfer der Schlacht um St. Annaberg, zu würdigen. Wir taten dies im Geist großer Demut und gegenseitigen Respekts und erinnerten uns an den Heldentum der Aufständischen. Ich möchte sehr, dass solche Ereignisse nicht zufällig sind, sondern zu einer schönen Gewohnheit werden, die jedes Jahr gepflegt wird.

Als Abgeordneter der deutschen Minderheit möchte ich an die Worte des Papstes Johannes Paul II. erinnern, die er 1983 auf dem St. Annaberg ausgesprochen hat: "Dieses Land braucht noch eine vielfältige Aussöhnung." Diese Worte sind bis heute relevant. Das Drama der Ereignisse des Dritten Schlesischen Aufstands ist immer noch in den Herzen der Menschen präsent und teilt viele Familien oder im weiteren Sinne die polnische und die deutsche Gemeinschaft. Von diesem Podium aus möchte ich daher allen Opfern des Dritten Schlesischen Aufstands, unabhängig von ihrer Nationalität, meinen Tribut zollen. Gleichzeitig möchte ich an meine Kollegen Abgeordneter appellieren: Lassen Sie uns alle Opfer gemeinsam gedenken! Lassen Sie uns dies im Geiste der parteiübergreifenden Zusammenarbeit tun! Dank dessen wird das polnische Parlament auch zu diesem sehr schwierigen und lang anhaltenden Prozess der Heilung tiefer Wunden beitragen.

Ja, dieses Land muss noch mehrfach versöhnt werden, und als Mitglied der deutschen Minderheit möchte ich mich für eine solche Versöhnung einsetzen.

 

Letzte Änderung am Montag, 19 April 2021 12:06