Letztes Jahr gab es den 25 Gedenktag für die Opfer des Lagers Zgoda. Dieses Jahr stehen die Gedenkfeierlichkeiten im Zeichen des 75 Jahrestags nach dem Kriegsende und der Nachkriegstragödie der Deutschen in Polen, doch wegen der gegenwärtigen Pandemie-Situation hatten sie einen beschränkten Charakter gehabt. Am Samstag, den 13. Juni 2020 gedachte die deutsche Minderheit der Woiwodschaft Schlesien den Opfern des Lagers Zgoda in Schwientochlowitz. Die Gedenkfeier begann mit der hl. Messe in deutscher Sprache in der St. Joseph-Kirche zu Königshütte und wurde fortgesetzt am Denkmal Lagertor Zgoda. (Quelle: Deutsche im Bezirk Schlesien, Facebook)
Inhalt der Rede von Bernard Gaida, VdG-Vorsitzender, die am 13. Juni 2020 in Schwientochlowitz- Zgoda (deutsch Eintrachthütte) gehalten wurde:
Vor 75 Jahren wurde am 8. Mai 1945 der 2. Weltkrieg offiziell beendet. Aufgeweckt wurde die Idee Schwerter zu Pflugscharen zu schmieden. Man machte alle Anstrengungen, wieder friedliches Leben trotz Schmerz und Leiden zu führen, von denen Abermillionen von Menschen vieler Nationalitäten betroffen waren. Die nach dem Krieg durchgeführten Grenzverschiebungen und die vereinbarten Einflusszonen zwischen den Siegermächten, hatten jedoch nicht nur die Teilung Europas durch den Eisernen Vorhang, aber auch Vertreibungen und Umsiedlungen von Millionen Menschen aus ihrer Heimat zur Folge. Länder des deutschen Ostens: Schlesien, Pommern, Ostpreußen wurden zu West- und Nordgebieten Polens. In diesen Ländern trafen Polen, die größtenteils gezwungen waren, ehemalige polnische Ostgebiete Polens zu verlassen und der kleine Rest der deutschen Bewohner aufeinander, die durch verschiedene Entscheidungen und durch das wechselvolle Schicksal hier geblieben sind. Das war keine einfache Begegnung, weil in den ersten Jahren die Deutschen entrechtet und Schikanen ausgesetzt waren."
Heute haben uns hier geführt unsere Gedanken über den tragischen Ereignissen von vor 75 Jahren. Seit vielen Jahren besuchen wir bei uns in Schlesien die Gedenkstätten sowohl in Schwientochlowitz-Zgoda, in Myslowitz-Rosengarten, heuet in Gleiwitz und in Lamsdorf. Alles sind Nachkriegslager für Deutsche gewesen. Der Begriff der Oberschlesischen Tragödie hat sich bereits in der Öffentlichkeit Schlesiens etabliert, auch wenn auf verschiedene Weise.
Die einen haben sich daran gewöhnt das Verbrechen als kommunistisches zu deklarieren, die anderen versichern ständig, dass es war weil die Opfer Schlesier gewesen waren und nur als Deutsche angesehen wurden. Als das ein Unterschied sein könnte. Noch andere meinen, dass die einzigen Täter und Organisatoren des Verbrechens Russen gewesen seien. Fast alle aber denken über die Tragödie als eine schlesische oder gar nur den östlichen Teil Oberschlesiens umfassendes Ereignis. Als ich aber eine Ausstellung über alle 25 deutsche Minderheiten in Europa eröffnet habe, musste ich feststellen, dass das Schicksal der deutschen Bevölkerung in Mitteleuropa ähnlich war: Vertreibungen, sog. Arbeitslager, Deportationen in die UdSSR, Vergewaltigungen, Leid und Tod. So war es in Rumänien, in Ungarn, in der Tschechoslowakei und in ganz Ostdeutschland, also in Schlesien, Pommern, Ost- und Westpreußen, in Danzig, Lodsch und Posen.
Wenn wir hier an dem Denkmal der in Oberschlesien ermordeten stehen, denken wir also auch an die getöteten Sudentendeutschen, die aus Siebenbürgern deportierten, die aus Ungarn vertriebenen, die in Ermland vergewaltigten Frauen, die in Königsberg verhungerten Kinder, die Waisen aus Masuren, die in litauischen Wäldern herumirrten, die Mütter, denen man in Potulitz ihre Säuglinge weggenommen hatte. Versuchen wir hier auch das Leid der anderen, die ebenfalls Opfer der Sieger wurden, nicht zu überbieten. Denn wie soll man das Leid der einen mit dem Leid der anderen vergleichen. Das Leid der Familien der in Lagern umgekommenen mit den Familien der nach Donbas oder Sibirien deportierten. Das Leid der Waisenkinder aus Ostpreußen die den Hungertod der Mütter und Omas gesehen haben und dann ausgehungert nach Osten, über den Memel nach Litauen geflüchtet haben nur um weiter von den Gebieten unter der polnischen Verwaltung zu sein. Weil die Litauern besser zu ihn waren. Wie kann man messen den Schmerz des Verlustes der Namen, Sprache und Religion in den Jahren der Diskriminierung. Es ist unmöglich einzuschätzen wie schmerzt das Verlust des Kindes die in Potulitz zu Adoption gegeben wurden und die erfolglose jahrelange Suche der Mütter nach den verlorenen Kinder.
Denken wir daran, dass zu der Zeit, als die Welt den Frieden feierte, zwischen der Ostsee, dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer das Leid von Millionen gerade erst begonnen hat.
Heute stehen wir symbolisch an der einer von wenigen, unseren Gedenkstätten. Aber das Gedenken von uns muss breit sein, viel breiter als nur meine schlesische Heimat. Die meisten Stätten unseres Gedenkens haben keine Tafeln. Deswegen vor drei Jahren, als Deutsche und Schlesier in dem Präsidenten Palast in Warschau habe ich gesagt: „ In Polen sind auch Bürger die keine Polen sind, mit eine eigene Geschichte und andere Empfindlichkeit, mit den gleichen Pflichten aber auch Rechte“ und das wir ständig aufrufen nicht nur um bessere Bildung, Medienzugang „aber auch um Achtung gegenüber auch unseren Gedenkstätten“.
Hier, an einem von den wenigen, im Vergleich mit dem Ausmaß des Nachkriegsterrors, Gedenkstätten rufe ich auf um alle Opfer der Siegers zu gedenken, weil die sind oft in der Geschichte verschwiegen. Deswegen müssen wir rufen um die zu erinnern , die zwar das Kriegsende erleben dürfen, nicht aber den Frieden. Jedoch ich kann nicht schließen ohne zu sagen, dass das Leid keine Volkszugehörigkeit kennt und so Opfer als auch Täter, ohne die Proportionen zu vergessen, in jedem Volk waren. Unseres Christentum verlangt, dass wir für alle beten und die Gedenkstunde zum Werkzeug des Friedens und Eintracht und nicht Spaltung machen, in der wir immer mehr leben.
Gedenke wir uneingeschränkt aller Opfer von Krieg und Gewalt.
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Fotos: Anita Pendziałek