Wir warten immer noch
- geschrieben von Bogna Piter
- Publiziert in Volkszählung 2021
Die Volkszählung 2021 läuft seit dem 1. April. Die vom Hauptstatistischen Amt (GUS) erstellten Werbematerialien richten sich nicht nur an die polnischsprachige Mehrheit, sondern auch an die in Polen lebende nationale und ethnische Minderheiten. Im Moment finden wir auf der Internetseite des GUS Materialien in verschiedenen Sprachen: Russisch, Ukrainisch, Slowakisch, Kaschubisch, Tschechisch und Weißrussisch. Immer noch aber fehlt es dort an ... Materialien auf Deutsch.
Die diesjährige Volkszählung ist obligatorisch; deswegen ist davon auszugehen, dass die Materialien, die sich an Minderheiten richten, spätestens Anfang April fertiggestellt und veröffentlicht werden. Als jedoch eine Woche nach Beginn der Volkszählung die Materialien in deutscher Sprache immer noch fehlten, hat der VdG ein offizielles Schreiben an den Direktor der GUS gerichtet. Darin heißt es: "Wir hatten auf einen Moment gehofft, in dem − wie angekündigt − die Materialien in deutscher Sprache auf der GUS-Website veröffentlicht werden. Wir warteten auf eine Reihe weiterer Aktionen, die auch an Angehörige der deutschen Minderheit gerichtet würden. Die Volkszählung begann vor mehr als einer Woche (...) Und es mangelt immer noch an Informationen in deutscher Sprache." Ein Monat ist vergangen − und wir haben noch kein Antwortschreiben erhalten.
Am 26. April hörten wir bei einem Treffen für Bevollmächtigte der Woiwoden zu nationalen und ethnischen Minderheiten und für Vertreter von Minderheiten: "Es war nicht unsere Absicht anzudeuten, dass es keine Übersetzung ins Deutsche geben würde. (...) Derzeit wird eine Übersetzung vorbereitet, und ich hoffe, dass diese Informationen bald ankommen", versicherte Grażyna Witkowska, eine der Vertreterinnen des GUS.
Die Außerachtlassung der deutschen Sprache überrascht nicht nur Teilnehmer der Treffen auf hoher Stufe. Anfang Mai stellte Joachim Makowski, Vorsitzender der DFK Stollarzowitz, eine ähnliche Frage mithilfe des Kontaktformulars: "Warum gibt es unter den sonstigen Werbematerialien keine Materialien zum Herunterladen auf Deutsch? Schließlich ist die deutsche Minderheit eine der größten nationalen Minderheiten in Polen." Die lakonische, automatische Antwort, die er erhielt, betraf zwar nicht das Werbematerial, sondern allgemeine Anweisung, war aber immer noch mehr überraschend als erklärend: "Danke für Ihr Interesse an der Volkszählung. Auf der Internetseite spis.gov.pl es gibt Richtlinien auf Englisch; Deutsch ist nicht verfügbar".
"Unverständlich ist die Wahl lediglich eines Teils der Sprachen. Es fehlen Litauisch, Deutsch und andere Sprachen. Und das vollständige Material zur Volkszählung sollte bereits von Beginn an zur Verfügung stehen, da manche Menschen können sich völlig bewusstlos zählen lassen“, kommentierte VdG-Vorsitzender, Bernard Gaida. Die vom GUS veröffentlichten Werbematerialien enthalten nur wenig Text − die Bearbeitung einer Übersetzung sollte daher nicht zu zeitaufwendig sein. Umso mehr wird das Fehlen der deutschen Sprachversion nach so langer Zeit seit Beginn der Volkszählung nicht mehr als ein Versehen oder vorübergehende Schwierigkeit wahrgenommen, sondern als ein Zeichen einer respektlosen Einstellung des GUS (ist es aber nur GUS?) gegenüber der deutschen Minderheit.
Die sechste Woche der Volkszählung hat begonnen. Und wir warten immer noch.
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