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Volkszählung 2021 (12)

Man kann mehrere Staatsbürgerschaften haben, aber nur eine Nationalität

Die Volkszählung läuft noch bis Ende September. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten alle Einwohner Polens eine Selbstzählung vornehmen oder die Fragen der Volkszähler beantwortet haben. Im Rahmen der Förderung der Volkszählung heben die nationalen und ethnischen Minderheiten die Bedeutung der nationalen Zugehörigkeitserklärung hervor. In Köslin haben die Minderheitengemeinschaften ihre Mitglieder und Unterstützer zur Pressekonferenz geladen. Damit wollte man Vertreter der ukrainischen Minderheit, der Roma-, der deutschen, der jüdischen und der kaschubischen Minderheit motivieren, sich an der Online-Zählung zu beteiligen.

Warum? Das lesen Sie HIER im neusten Wochenblatt.pl.

Volkszählung 2021 - nur noch zwei Monate!

Bis zum Ende der Volkszählung in Polen sind es nur noch zwei Monate geblieben. Die Möglichkeit, die Fragen zu beantworten - sei es über eine auf der Internetseite des Statistischen Amtes verfügbare Anwendung oder unter der Begleitung eines Aufzählers − besteht nur noch bis zum 30. September 2021.

"Ende Juli haben diese Pflicht bereits 18 Millionen Menschen in ganz Polen erfüllt; insgesamt also 48,38 % der Einwohner. Von allen Woiwodschaften steht die Woiwodschaft Oppeln an erster Stelle: Hier haben bereits 54,6 % der Einwohner Fragen des Statistischen Amtes beantwortet. An der Spitze stehen das Karpatenvorland (podkarpackie) mit 51,8% und Heiligkreuz (świętokrzyskie) mit 51,3%", verrät Monika Bartel vom Statistischen Amt in Oppeln. "Die wenigsten Einwohner waren es aber in der Woiwodschaft Ermland-Masuren (warmińsko-mazurskie): bis heute nur noch 44,9 %", ergänzt sie.

Ein Volkszählung-Plakat am Fenster im Sitz der DSKG in Breslau / Plakat spisowy w oknie siedziby NTKS we Wrocławiu

Obwohl generell in Polen weniger als die Hälfte der Einwohner an der Volkszählung teilgenommen haben, gibt es Gemeinden, in denen es fast jeder gemacht hat. Die drei Gemeinden in der Woiwodschaft Oppeln mit dem bisher besten Ergebnis sind Polska Cerekiew (80,6%), Wilków (78,4%) und Lubsza (77,2%).  Auf 2.477 Gemeinden im ganzen Land hingegen liegt die Gemeinde Stara Błotnica in der Woiwodschaft Masowien (mazowieckie) an erster Stelle. Dort haben bereits fast alle Einwohner die Volkszählung durchgeführt, also 95,79% (!).

Auf das Tempo der Volkszählung in einzelnen Regionen haben Einfluss verschiedene Faktoren: "Es sind unter anderem die von den Gemeinden organisierten mobilen Volkszählungsstellen, die darauf abzielen, Menschen ohne Internetzugang zu erreichen. Von großer Bedeutung ist auch die Arbeit der Aufzähler oder selbst der mobilisierten Einwohner. Von den Ergebnissen der Volkszählung in den einzelnen Gemeinden hängt unter anderem die Höhe der Zuschüsse ab, die die Kommunen später erhalten", erklärt Monika Bartel. Auch in Kreisen nationaler Minderheiten ist das Engagement für die Informationskampagne groß: "Traditionelle Werbematerialien wie Plakate und Flugblätter wurden vom Verband deutscher Gesellschaften an einzelne Minderheitenorganisationen in ganz Polen verteilt, aber einige Verbände haben auch aus eigener Initiative Plakate erstellt.

Um jedoch vor allem die junge Generation zu erreichen, haben sowohl die VdG als auch die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen in Schlesien und der Bund der Jugend der Deutschen Minderheit Werbekampagnen im Internet und in den sozialen Medien gestartet:

Mit Humor will der BJDM auch die Jugendlichen erreichen / Z humorem BJDM dociera do młodzieży   Mit Humor will der BJDM auch die Jugendlichen erreichen / Z humorem BJDM dociera do młodzieży

Diese Maßnahmen zielen darauf ab, so viele Menschen wie möglich zu erreichen, die nicht unbedingt Mitglieder einer bestimmten deutschen Minderheitsorganisation sind", nennt Monika Wittek in einem Gespräch für das Wochenblatt.pl.

Monika Bartel vom statistischen Amt in Oppeln betont: die Teilnahme an der Volkszählung sei in diesem Jahr obligatorisch: „Im ganzen Land gab es etwa 80 Fälle, in denen Personen, die von den Aufzählern kontaktiert wurden, sich kategorisch weigerten, an der Volkszählung teilzunehmen. In dieser Situation wurde die Angelegenheit nach dem Gesetz über die öffentliche Statistik an die Polizei verwiesen. Die Weigerung, an der Volkszählung teilzunehmen, kann bis zu 5.000 Zloty bestraft werden“, fügt sie hinzu. Sie betont jedoch: „Menschen, die Schwierigkeiten haben, das Formular auszufüllen, können die Hilfe einer Hotline in Anspruch nehmen. Ansonsten kann man auf der GUS-Internetseite Antworten auf »Häufig gestellte Fragen« finden“. Auch Angehörige der deutschen Minderheit können auf Unterstützung zählen: In den Verbandssitzen finden Treffen mit Mitgliedern und Konsultationen statt. Auch Freiwillige sind beteiligt, lesen wir im Wochenblatt.pl.

Zur Erinnerung: Die alle zehn Jahre stattfindende Volkszählung zielt darauf ab, Informationen über Familien, Migration, Behinderung, Bildung oder Wohnraum zu sammeln. Die Ergebnisse der Volkszählung sind für die in Polen lebenden nationalen Minderheiten von entscheidender Bedeutung. Unter anderem davon hängt es ab, in welchem Bereich sie in den nächsten Jahren finanziert werden.  

Mir liegt die deutsche Minderheit sehr am Herzen

„Du zählst!” lautet der Titel der Volkszählungs-Kampagne des Verbandes deutscher Gesellschaften in Polen. Die Volkszählung, die 100% der Bevölkerung umfassen wird, begann am 1. April. Es gibt immer noch die Möglichkeit, sich selbst zu zählen, also online an der Volkszählung teilzunehmen. Wer das nicht tut, wird von einem Volkszähler kontaktiert, der ihn am Telefon oder direkt befragen wird. Warum ist die Volkszählung so wichtig für die deutsche Minderheit? Auf diese und andere Fragen antwortet Agnieszka Dłociok im Gespräch mit Monika Plura. Agnieszka Dłociok ist Vorstandsmitglied des Deutschen Freundschaftskreises im Bezirk Schlesien und auch Zählerin bei der Volkszählung 2021.

Warum ist die Volkszählung wichtig für die deutsche Minderheit?

Die Volkszählung ist sehr wichtig, weil jede Volkszählung, die alle zehn Jahre stattfindet, zeigt, ob wir präsent sind oder nicht. Jede Person, die sich als Deutsche deklariert, alle, die deutsche Vorfahren haben, sollten es so machen, es zählt für uns! Von der Anzahl der Deutschen in Polen wird sicherlich auch die zukünftige Finanzierung der deutschen Minderheit abhängen. Jede Person zählt! Viele Jahre hat man versucht zu zeigen, dass es in Polen keine Deutschen gibt, jetzt können wir zeigen, dass wir doch da sind. Die Menschen haben ein Problem mit ihrer Identität, denn es gibt viele Menschen, die Deutsche sind. Ihre Omas und Opas sind in die deutsche Schule gegangen, sie haben deutsche Wurzeln, sie haben den deutschen Pass, also haben sie bewiesen, dass sie Deutsche sind und jetzt überlegen sie, wer sie eigentlich sind. Deswegen ist es wichtig, dass jeder, der sich als Deutscher fühlt, es auch in der Volkszählung deklariert.

Warum ist es so, dass die Menschen, wie Sie selbst sagen, deutsche Wurzeln, deutsche Pässe haben und jetzt nicht wissen, was sie deklarieren sollen?

Ich denke, dass es unterschiedliche Hintergründe bei dem Erlangen der deutschen Pässe gab.  Viele Jahre hat man vorgetäuscht, dass es in Oberschlesien keine Deutsche gibt, voriges Jahr hatten wir das 30. Bestehungsjubiläum des DFKs und man hat immer noch behauptet, dass wir nicht da sind. Deswegen ist es jetzt so wichtig zu zeigen, dass wir doch da sind! Die Identität ist etwas, was man zuhause gestaltet. Die Menschen haben aus unterschiedlichen Gründen den deutschen Pass beantragt, oft aus Arbeitsgründen, denn sie wollten jenseits der Grenze arbeiten, wo man besser verdienen konnte. Jetzt höre ich von manchen, dass die Tatsache, dass er den „roten Pass“ hat, nicht bedeutet, dass er Deutscher ist. Wer bist Du dann? Um den deutschen Pass zu bekommen, musstest Du beweisen, dass Du eine deutsche Abstammung hast.

Sie haben mehrmals erwähnt, dass diese Volkszählung sehr wichtig für die deutsche Minderheit ist. Welche Fragen haben die größte Bedeutung für die deutsche Minderheit?

In Polen haben wir neun nationale und vier ethnische Minderheiten. Alle diese sind in dem Volkszählungsformular ausgeschrieben, es gibt aber auch die Möglichkeit, „andere“ zu schreiben. Wenn wir jetzt verfolgen, was in den schlesischen Organisationen vorgeht, wollen sie, dass man als zehnte Nationalität, eben bei „andere“, die schlesische schreibt.  Ich persönlich werde die deutsche Nationalität deklarieren und die zweite, die ethnische, die schlesische, weil ich eine schlesische Deutsche oder deutsche Schlesierin bin. Ich denke, dass sehr viele Menschen auch so denken, wenn wir also die deutsche Nationalität nennen und zusätzlich die schlesische, dann denke ich, dass es eine sehr gute Arbeit sein wird, sowohl für uns als Deutsche, wie auch als Schlesier. 

Was ist, wenn jemand nur die „andere“ schlesische deklariert? Was passiert dann?

Ich weiß es nicht. Ich denke, dass es mehr Deutsche hier gibt als Menschen mit anderen Nationalitäten. Wenn wir aber nur die „schlesische“ Zugehörigkeit nennen und es nicht als Nationalität anerkannt wird, dann haben wir unsere Stimme vergeudet. Wir legitimieren uns mit der deutschen Nationalität und das sage ich allen deutlich.

Sie haben eine wichtige Rolle bei der diesjährigen Volkszählung, Sie sind Volkszählerin?

Ja, da ich DFK-Vorsitzende im Kreisverband Gleiwitz bin und 23 DFK-Ortsgruppen habe, wollte ich meinen Freunden aus den Strukturen helfen. Ich bin Zählerin in der Gemeinde Tworog. Ich wohne zwar in der Gemeinde Tost, da es da aber zu viele Zähler gab, wurde ich Tworog zugeteilt, was mir aber passt, weil sich dort auch eine DFK-Ortsgruppe befindet. 

Der erste Monat war für die Selbstzählung vorgesehen, erst ab Anfang Mai bekamen wir die Daten derer, die sich noch nicht selbst gezählt haben und jetzt beginnt unsere Arbeit.

Im DFK-Kreisverband Gleiwitz haben wir beschlossen, den DFK-Mitgliedern bei der Selbstzählung zu helfen. Die DFK-Ortsgruppen können Termine festlegen, wann wir, samt Laptops, zu ihnen kommen sollen und ihnen helfen, die Formulare auszufüllen. Obwohl ab Anfang Mai die Zähler ihre Arbeit aufnehmen, kann man sich weiterhin selbstständig online zählen. In den DFK-Ortsgruppen, wo die Termine festgelegt werden, wollen wir den Menschen helfen, die die Selbstzählung nicht selbst machen können. Dabei müssen es nicht nur DFK-Mitglieder sein, wir sind für alle offen.

Die, die sich selbst online den Fragen stellen, müssen nicht gleich das ganze Formular ausfüllen. Es gibt da unterschiedliche Fragen, wenn man sich also nicht sicher ist, was man antworten soll, kann man es erst überprüfen und dann weiter ausfüllen, denn für die Ausfüllung des Volkszählungs-Fragebogens haben wir, nachdem wir es angefangen haben, zwei Wochen Zeit. Wenn wir das Formular beenden, erhält die Gemeinde automatisch die Information, dass die Person die Volkszählung schon absolviert hat.

Was muss man machen, um Zähler bei der Volkszählung zu werden?

Es gab einen Termin, bis zu dem man sich anmelden musste, dass man diese Funktion in der Gemeinde übernehmen will. Das habe ich gemacht und die Gemeinde hat Kontakt mit mir aufgenommen. Ich habe eine Nummer bekommen, ich musste meine Personaldaten samt Foto zur Verfügung stellen. Als alle Formalitäten beendet waren, konnte man zur Schulung antreten. Die Schulung wurde vom Statistischem Amt online vorbereitet. Dabei wurden unterschiedliche Themen, die mit der Volkszählung verbunden sind, angesprochen. Auch die Prüfung fand online statt, denn man musste eine Prüfung bestehen, um die Funktion des Zählers zu erhalten.    

Was hat Sie motiviert, Zähler zu werden? Es ist ja zusätzliche Arbeit und eine verantwortungsvolle Funktion.

Mir liegt die deutsche Minderheit sehr am Herzen. Als ich in die Schule ging, dachte ich, dass die Verfassung mir die Redefreiheit garantiert, als ich ins Lyzeum kam, habe ich erfahren, dass es gar nicht so ist und seit dieser Zeit bin ich sehr engagiert in den Angelegenheiten der deutschen Minderheit. Da viele DFK-Mitglieder ältere Leute sind, will ich ihnen helfen. Ich möchte, dass sie sich mit ihrer Nationalität gut fühlen und wissen, dass sie auf Hilfe zählen können. Viele der älteren Personen haben noch immer Angst, sich zu ihrer Nationalität zu bekennen. Ich wundere mich aber nicht darüber, nach allem, was sie erlebt haben.  

Wichtig ist zudem, dass man daran denkt, dass auch die Personen, die bei uns zu Hause angemeldet sind, aber schon lange im Ausland wohnen, ebenso die Pflicht haben, an der Volkszählung teilzunehmen. Es gibt nämlich Geldstrafen für diejenigen, die sich nicht beteiligen. Deswegen appelliere ich an unsere DFK-Mitglieder, dass sie ihre Familienangehörigen informieren, dass auch sie an der Volkszählung teilnehmen müssen.

Danke für das Gespräch.

Das Interview erschien in der 9. (455) Ausgabe der Oberschlesischen Stimme, Informations- und Kulturbulletins des Deutschen Freundschaftskreises in der Woiwodschaft Schlesien. Publikation unter Genehmigung der Redaktion.

 

Wir warten immer noch

Die Volkszählung 2021 läuft seit dem 1. April. Die vom Hauptstatistischen Amt (GUS) erstellten Werbematerialien richten sich nicht nur an die polnischsprachige Mehrheit, sondern auch an die in Polen lebende nationale und ethnische Minderheiten. Im Moment finden wir auf der Internetseite des GUS Materialien in verschiedenen Sprachen: Russisch, Ukrainisch, Slowakisch, Kaschubisch, Tschechisch und Weißrussisch. Immer noch aber fehlt es dort an ... Materialien auf Deutsch.

Die diesjährige Volkszählung ist obligatorisch; deswegen ist davon auszugehen, dass die Materialien, die sich an Minderheiten richten, spätestens Anfang April fertiggestellt und veröffentlicht werden. Als jedoch eine Woche nach Beginn der Volkszählung die Materialien in deutscher Sprache immer noch fehlten, hat der VdG ein offizielles Schreiben an den Direktor der GUS gerichtet. Darin heißt es: "Wir hatten auf einen Moment gehofft, in dem − wie angekündigt − die Materialien in deutscher Sprache auf der GUS-Website veröffentlicht werden. Wir warteten auf eine Reihe weiterer Aktionen, die auch an Angehörige der deutschen Minderheit gerichtet würden. Die Volkszählung begann vor mehr als einer Woche (...) Und es mangelt immer noch an Informationen in deutscher Sprache." Ein Monat ist vergangen − und wir haben noch kein Antwortschreiben erhalten.

Am 26. April hörten wir bei einem Treffen für Bevollmächtigte der Woiwoden zu nationalen und ethnischen Minderheiten und für Vertreter von Minderheiten: "Es war nicht unsere Absicht anzudeuten, dass es keine Übersetzung ins Deutsche geben würde. (...) Derzeit wird eine Übersetzung vorbereitet, und ich hoffe, dass diese Informationen bald ankommen", versicherte Grażyna Witkowska, eine der Vertreterinnen des GUS.

Die Außerachtlassung der deutschen Sprache überrascht nicht nur Teilnehmer der Treffen auf hoher Stufe. Anfang Mai stellte Joachim Makowski, Vorsitzender der DFK Stollarzowitz, eine ähnliche Frage mithilfe des Kontaktformulars: "Warum gibt es unter den sonstigen Werbematerialien keine Materialien zum Herunterladen auf Deutsch? Schließlich ist die deutsche Minderheit eine der größten nationalen Minderheiten in Polen." Die lakonische, automatische Antwort, die er erhielt, betraf zwar nicht das Werbematerial, sondern allgemeine Anweisung, war aber immer noch mehr überraschend als erklärend: "Danke für Ihr Interesse an der Volkszählung. Auf der Internetseite spis.gov.pl es gibt Richtlinien auf Englisch; Deutsch ist nicht verfügbar".

"Unverständlich ist die Wahl lediglich eines Teils der Sprachen. Es fehlen Litauisch, Deutsch und andere Sprachen. Und das vollständige Material zur Volkszählung sollte bereits von Beginn an zur Verfügung stehen, da manche Menschen können sich völlig bewusstlos zählen lassen“, kommentierte VdG-Vorsitzender, Bernard Gaida. Die vom GUS veröffentlichten Werbematerialien enthalten nur wenig Text − die Bearbeitung einer Übersetzung sollte daher nicht zu zeitaufwendig sein. Umso mehr wird das Fehlen der deutschen Sprachversion nach so langer Zeit seit Beginn der Volkszählung nicht mehr als ein Versehen oder vorübergehende Schwierigkeit wahrgenommen, sondern als ein Zeichen einer respektlosen Einstellung des GUS (ist es aber nur GUS?) gegenüber der deutschen Minderheit.

Die sechste Woche der Volkszählung hat begonnen. Und wir warten immer noch.

Und wem habt ihr schon geholfen, das Formular auszufüllen?

Die Volkszählung 2021 läuft bereits seit einem Monat. Ab dem 4. Mai beginnen ihre Arbeit auch die Aufzähler. Sie müssen jedoch kein Aufzähler sein, um Personen in Ihrem Kreis: den Angehörigen, Freunden oder Nachbarn, die keinen Zugriff auf Computer haben, beim Ausfüllen des Online-Formulars zu helfen. In jeder Gemeinde gibt es Personen, an die man sich um die Hilfe bei der Volkszählung wenden kann. Auch die DFKs und die deutschen Minderheitenorganisationen bieten in dieser Hinsicht ihre Unterstützung an. Wenden Sie sich an Ihren DFK oder eine andere Minderheitenorganisation, die Ihnen am nächsten steht.

Die Volkszählung kann auch eine Gelegenheit dazu sein, sich zu treffen! Es ist vom großen Wert, Zeit zu finden, um anderen dabei zu helfen. "Und wem haben Sie schon mitgeholfen, das Formular auszufüllen?", fragt Bernard Gaida, Vorsitzender des VdG, bei einem Treffen mit Frau Klara. Auch Sie können die anderen unterstützen!

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Bis Ende April haben das Online-Formular:

In Polen: 12,87%
In der Woiwodschaft Oppeln: 10,38% der Bewohner ausgefüllt.

Am meisten: in der Woiwodschaft Schlesien (16,36%)
Am wenigsten: in der Woiwodschaft Heiligkreuz: (7,18%)*

Vergessen Sie nicht, dass die Teilnahme an der Volkszählung 2021 obligatorisch ist. Für die gesamte Dauer der Volkszählung, also bis zum 30. September 2021, können Sie an der Volkszählung mithilfe eines Online-Formulars teilnehmen, das unter https://spis.gov.pl/ verfügbar ist.

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Besuchen Sie auch unsere Facebook-Seite: Volkszählung / NSP 2021

*Daten zum 28. April 2021

Ansprache des Vorsitzenden von VdG Bernard Gaida zur Volkszählung 2021

Liebe Landsleute,

liebe Mitglieder der deutschen Gemeinschaft in Polen

und alle, die sich damit identifizieren

Die schon traditionelle Volkszählung, die dieses Jahr alle in Polen lebenden Menschen erfassen wird, fängt gerade an. Sie ist aus dem Grunde wichtig, weil sie den Behörden aller Gebiete bessere Planung der Tätigkeiten ermöglichen wird: sowohl auf lokaler als auch auf staatlicher wie europäischer Ebene. Auch in anderen Ländern Europas wird die Volkszählung durchgeführt.

Für alle Bürger Polens, die eine andere Nationalität als die polnische haben, die eine andere Muttersprache sprechen und eine andere Erinnerungskultur und Geschichte haben, hat die Volkszählung eine sehr wichtige zusätzliche Bedeutung. Alle nationalen und ethnischen Minderheiten erklären öffentlich, was sie von anderen Einwohnern des Landes unterscheidet. Gleichzeitig zeigen sie die kulturelle und sprachliche Vielfalt Polens und  ihren Platz in diesem Land. Daraus ergeben sich unsere konkreten Bedürfnisse in der Kultur- und Bildungspolitik, sowie die Verpflichtungen des Staates seinen Bürgern tatsächliche Gleichheit zu sichern, unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit. Polen hat mehrmals versprochen, nicht nur die Erhaltung unseres Erbes zu fördern, sondern auch seine Entwicklung zu unterstützen.

Deswegen ist es so wichtig, dass alle, die sich als Deutsche fühlen, deutsche Wurzeln haben, sich als Teil deutscher Geschichte, Kultur und Tradition betrachten, ihre deutsche Nationalität bei der Volkszählung im Formular angeben. Tut das mutig mit dem Verantwortungsgefühl für die Zukunft von euch und euren Kindern. Am besten wird das durch den europäischen Leitgedanken ausgedrückt:  „Vereint in der Vielfalt“. Unsere öffentliche Erklärung soll eine klare Antwort auf alle Versuche der Rückkehr zu den Nachkriegsjahren sein. In diesen waren wir einer kulturellen und sprachlichen Diskriminierung des Staates ausgesetzt, der sich für national einheitlich hielt. Manche haben Zweifel, ob sie ihre deutsche Nationalität angeben sollen, wenn sie in ihren Familien die deutsche Sprache im Alltag nicht benutzen oder sie gar nicht gut kennen. Umso mehr sollten wir es dann tun. Es ist nämlich die Folge einer für Polen unrühmlichen Zeit der Beschränkung von Verfassungsfreiheiten und zugleich eine Verpflichtung dieses Unrecht für die kommenden Generationen wiedergutzumachen, durch die Bildung in der deutschen Sprache. Um eine Chance zu haben, für dieses Recht und andere zu kämpfen, damit sie in der Praxis verwirklicht werden, müssen wir zeigen, wie zahlreich die deutsche Minderheit ist. 

Genauso wie bei den Volkszählungen in den Jahren 2000 und 2011 bekomme ich zu hören, dass manche von uns immer noch Angst haben, sich zu ihrem Deutschtum zu bekennen. Es ist traurig, dass ein demokratischer Staat nicht im Stande ist, diese Ängste zu beseitigen. Gleichzeitig muss ich betonen, dass ich keine Person kenne, die aufgrund der Angabe der deutschen Nationalität bei den vergangenen Volkszählungen auf irgendeine Art benachteiligt wurde. Wir sollten daran denken, dass alle, die sich zu ihrer Nationalität eindeutig bekennen Respekt wecken. Jeder schätzt Treue gegenüber Wurzeln und Vorfahren. Unsere polnischen Nachbarn zeigen  sich immer öfter fasziniert  von der deutschen Vergangenheit der westlichen und nördlichen Gebiete.  Umso mehr sollten wir, als die Nachfahren dieser Gebiete, die Zeugen ihrer deutschen Vergangenheit sein. 

Vor 30 Jahren wurde der deutsch-polnische "Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit" unterzeichnet, in dem der deutschen Minderheit die Aufgabe übertragen wurde, Brücken zwischen Deutschland und Polen zu bauen. Indem wir uns zur deutschen Gemeinschaft in Polen bekennen, können wir dies mit stolzem Gefühl tun, denn wir erfüllen diese Rolle verantwortungsvoll und effektiv. Wir erfüllten diese Rolle auch damals, als wir hinter dem Eisernen Vorhang die einzigen Vertreter unserer Nation waren. Obwohl wir nicht anerkannt waren, suchten wir einen Geist des christlichen Verständnisses dort, wo immer wir lebten.

Mit Stolz, auch deswegen, weil schon Johann Wolfgang von Goethe sagte, „alles Große und Gescheite existiert nur in der Minorität“, aber auch dank der Erinnerung an den Beitrag Schlesiens, Pommern oder Ostpreußen in die deutsche Kultur und Wissenschaft.

Die Fragen nach der Nationalität und der ethnischen Zugehörigkeit, ergänzt um die Fragen nach der zu Hause benutzten Sprache, sind keine Fragen nach der Staatsbürgerschaft. Es geht um unser Gefühl der Zugehörigkeit und der Verbundenheit zur Kultur und Abstammung. Es geht um die Stimme des Herzens. Da ist es nicht wichtig, ob Du einen deutschen Pass hast, dass die deutsche Sprache in Deinem Haus, wie in den meisten auch, neben einer anderen benutzt wird. In Gesprächen, beim Nachrichtenschauen, beim Musikhören oder wenn man Kindern Märchen vorliest. Vergiss nicht, dass man Dich genau danach fragt. Die deutsche Nationalität und die deutsche Sprache sollten in deinem Formular bei der Volkszählung nicht fehlen.

Im Herzen tragen wir das Erbe unserer Vorfahren. Es ist ein wohl durchdachtes, befestigtes Erbe, dass an die Zukunft, also auch an die Jugendlichen, gerichtet ist. Es bedeutet Versöhnung mit der Welt, die uns umgibt. Das Deutschtum eines jeden von uns ist verwachsen mit Schlesien, Pommern, Ermland, Masuren oder Lodz. Man kann sich einzig zum Deutschtum bekennen. Aber man kann auch seine Zugehörigkeit  zu anderen Gemeinschaften äußern: der kaschubischen, schlesischen, tschechischen oder polnischen. Das Deutschtum sollte  aber nicht vergessen werden!

Beim Ausfüllen des Formulars denk daher daran, Deine Verbundenheit mit der deutschen Nationalität und deutscher Sprache zu bekennen. Denk daran, dass Du darauf ein Recht hast und Deinen Vorfahren gegenüber eine Pflicht. Hilf anderen an der Volkszählung teilzunehmen. Sei achtsam, wenn ein Volkszähler Deine Antworten notiert.

Falls Sie Fragen zur Volkszählung oder zum selbstständigen Ausfüllen des Formulars haben, wenden Sie sich an uns! Alle Informationen finden Sie auf www.vdg.pl.

Ja, wir sind Deutsche! Und wir sind stolz darauf.

Bleibt vorsichtig und gesund!

„In Vielfalt geeint“ - Volkszählung 2021 beginnt in Kürze

„In Vielfalt geeint“ – das Motto der Europäischen Union bringt zum Ausdruck, dass die Europäer der vielen verschiedenen Kulturen, Traditionen und Sprachen den gesamten Kontinent bereichern. Im Jahr der Volkszählung, die nicht nur in Polen stattfindet, haben diese Worte besondere Bedeutung.

"Mitglied einer nationalen Minderheit ist bei der Volkszählung gezwungen, sich Gedanken zu machen: »Wer bin ich?« Die Volkszählung ist für mich eine Sache, die Persönlichkeit eines Menschen betrifft." Sagt Bernard Gaida, Vorsitzender des VdG, in einem Gespräch für Radio Mittendrin [vollständige Sendung hier]. Diese Erklärung fällt manchen schwer, denn sie fürchten sich immer noch davor, die Zugehörigkeit zu einer Minderheit in einer Mehrheitsgesellschaft zu äußern.

Aus diesem Grunde haben wir eine Aktion gestartet, bei der Mitglieder der deutschen Minderheit ihre Verbundenheit mit der Deutschen Kultur und Sprache äußern: Rechtsanwalt, Sängerin, stellvertretender Bürgermeister. Aus Posen, aus Kosel, aus Warschau. Jung und Alt. Wie auch aus verschiedenen Kreisen sie sind, verbindet sie ihre Identität. Und die werden sie auch bei der Volkszählung angeben. So verschieden, sprechen sie doch mit einer Stimme: Du zählst!

"Ich bin und ich bleibe eine Deutsche. Deutschsein ist für mich Identität". Rosemarie Kerner, Aktivistin der deutschen Minderheit:

"Ich würde es mir nie nehmen. Denn es ist etwas, was ich haben kann und die anderen es nicht haben". Karolina Trela, Deutschlehrerin und Sängerin:

"Die Kenntnis darüber, wer ich bin, haben mir meine Eltern und Großeltern übergeben. Ich weiß auch, dass ich Gleichzeitig Deutscher und Schlesier bin," Mattheus Czellnik, Sekretär des DFK in Guttentag, Vorsitzender der Jugendgruppe Jugend Aktiv in der Gemeinde Guttentag und Lektor in der Pfarrei Maria Magdalena in Guttentag:

"Jeder, der sein Leben verantwortungsvoll und klug gestaltet, muss sich früher oder später diese Frage stellen, die seine Identität, Herkunft oder familiäre Wurzeln betrifft." Tomasz Kruppa, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Rudnik:

"Die Volkszählung 2021 ist für uns alle ein sehr wichtiges Ereignis. Haben wir keine Angst das zu äußern, was uns am Herzen liegt". Oskar Zgonina, Vorsitzender des Bundes der Jugend der deutschen Minderheit (BJDM):

Schritt für Schritt veröffentlichen wir weitere Filme. Schauen Ais diese auf der Facebook-Seite Volkszählung 2021 / NSP 2021 an!

Diese Information ist für Sie!

Fühlen Sie sich mit Geschichte, Traditionen, Kultur, Sprache und ihren Regionalgeschichte verbunden?

Ta ulotka jest dla ciebie!

Seit dem 1. April findet in ganz Polen die Volkszählung statt. Die Teilnahme an der Volkszählung ist in diesem Jahr obligatorisch.

Die Ergebnisse der Volkszählung haben einen erheblichen Einfluss auf das Leben der deutschen Minderheit in Polen:

  • Auf das Recht, Deutsch als Minderheitensprache (Muttersprache) in Bildungseinrichtungen zu lernen;
  • Auf die Zuschüsse beider Regierungen zum Zweck der Erhaltung und Entwicklung der deutschen Sprache und des deutschen Kulturerbes – insbesondere im Nord- und Westpolen;
  • Auf die Möglichkeit, Deutsch in den Regionen, wo die deutsche Minderheit wohnt, zweisprachige Ortsbezeichnungen und Deutsch in Verwaltungsbehörden zu verwenden;
  • Auf die Unterstützung der deutschen Gesellschaften im Kultur- und Bildungsbereich.

Wir sind Deutsche!

Von Ihrer Stimme hängt also sehr ab!

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Volkszählung setzt die polnische Regierung nicht nur die Bestimmungen des "Gesetzes über nationale und ethnische Minderheiten und über die Regionalsprache" um, sondern auch die polnische Verfassung, die "Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen" und das "Übereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten".

Die für die deutsche Minderheit wichtigsten Fragen, die bei der Volkszählung gestellt werden, sind die Nationalität, die Zugehörigkeit zu einer anderen Nation oder ethnischen Gemeinschaft und die Sprache, die zu Hause verwendet wird:

Najważniejsze pytania spisowe

Bitte beachten Sie, dass sich die ersten beiden Fragen auf die nationale und ethnische Zugehörigkeit beziehen, die ausschließlich Ihre Erklärung ist, die auf einem subjektiven Gefühl basiert und Ihre emotionale, kulturelle und ursprungsbasierte Beziehung zu einer bestimmten Nation und/oder ethnischen Gemeinschaft zum Ausdruck bringt.

Die Selbstaufzählung online ist obligatorisch!

Personen, die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters, ihrer Gesundheit oder ihrer Behinderung nicht an der Volkszählung teilnehmen können werden direkt oder telefonisch von Aufzählern unterstützt. Informationen dazu erhalten Sie in Ihrer Gemeinde. Sie erhalten auch Hilfe von der Organisation der Deutschen Minderheit, die Nahe Ihrem Wohnort ist oder direkt beim VdG.

Laden Sie die Flugblätter mit den wichtigsten Informationen zur Volkszählung herunter:


Zu Ihrer Verfügung gibt es auch Poster:



Bitte weiterteilen!

Wir empfehlen unsere Medien, mit deren Hilfe wir Informationen zur Volkszählung publizieren: 
unsere Internetseite (Reiter: Volkszählung 2021)
unser Facebook-Funpage
Volkszählung 2021 / NSP 2021 - eine der Volkszählung gewidmete Facebook-Seite 
sowie unser Wochenblatt.pl

Dieses Projekt wird gefördert aus Mitteln der deutschen Minderheit, welche in Verfügung der Stiftung für die Entwickling Schlesiens stehen und aus den früheren Zuwendungen der deutschen Regierung stammen.

Fundacja Rozwoju Slaska

#Duzählst - Wie ist deine Geschichte?

Im Jahr, wenn die Volkszählung durchgeführt wird, hat Verband deutscher Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen eine Kampagne gestartet, die die Mitglieder der deutschen Minderheit und den Personen, die einen Bezug zur deutschen Kultur und Identität haben, dazu ermuntern sollte, sich zur deutschen Herkunft und Sprache zu bekennen. Die Kampagne ist an diejenigen gerichtet, die Schwierigkeiten oder Hemmungen damit haben, sich zur deutschen Nationalität zu bekennen.

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Somit haben wir auf einer speziell dazu erstellten Facebook-Seite Volkszählung 2021 / NSP 2021 nicht nur allgemeine Informationen zur Volkszählung gestellt, sondern auch Kurzfilme mit Aussagen von verschiedenen Personen uas dem Kreise der deutschen Minderheit. Die ersten Kurzfilme sind schon erschienen. 

Piotr Kowalski, Rechtsberater aus Posen, gibt zu: "Meine Großmutter war Deutsche (...) Deutschsein war bei uns zu Hause immer anwesend; ich fühle mich als Deutscher":

"Ich als Geistlicher will auch alles für alle sein, aber mich von meinen Wurzeln nicht abschneiden, deswegen werde ich bei der Volkszählung Deutsch als Nationalität angeben" sagt Diakon Marek Dziony, Leiter der Joseph-von-Eichendorff-Bibliothek in Oppeln:

Lesen Sie auch Ausschnitte aus dem Interview mit Piotr Kowalski, der für Wochenblatt.pl (Nr. 7/2021) auf ein Paar Fragen geantwortet hat:

Und mit einer recht einfachen Frage zu beginnen: Bitte erzählen Sie uns ein wenig über sich selbst.

Ich bin in der Lausitz geboren und komme sozusagen aus einer gemischten Familie. Die Eltern meiner Mutter kommen aus dem Osten und väterlicherseits bin ich deutscher Abstammung. Meine Großmutter wurde in Deutschland geboren und kam nach Großpolen, wo sie bis 1945 lebte. Dann lernte sie meinen Großvater mit dem polnischen Nachnamen Kowalski kennen und gemeinsam gingen sie in die westlichen Gebiete, die damals "Wiedergewonnenen Gebiete" hießen. (...) Ich fühle mich einfach deutsch und das ist mir sehr wichtig. Ich fühle mich deutsch aus historischen Gründen, aus familiären Gründen und weil dieses Deutschsein bei uns zu Hause immer präsent war. Auch weil wir immer viele Gäste aus Deutschland zu Hause hatten, darunter nicht nur Verwandte, sondern auch Freunde der Familie, die uns in den schwierigen kommunistischen Zeiten unterstützt haben, wenngleich ich mich an diese Jahre als Kind weniger erinnere. (...)

Sie sprechen offen und stolz über Ihr Deutschsein, aber Sie leben und arbeiten in einem mehrheitlich polnischen Umfeld, ohne großen Minderheitenhintergrund, wie es z. B. in der Region Oppeln der Fall ist. Spüren Sie keinerlei angst vor einem solch klaren nationalen Bekenntnis?

Wieso denn das? Nein, ich spüre keine Angst. Wir sind ganz einfach nur anders. Polen ist heute wie jedes andere Land in Europa so durchmischt, dass es schwer zu sagen ist, wer woher kommt. Aber wenn ich mich als Angehöriger der einen oder anderen Nationalität fühle und ich mir das auch beweisen kann, warum sollte ich dann nicht stolz darauf sein?

Und wie ist Ihre Geschichte? Wollen Sie diese teilen? - Melden Sie sich bei uns!

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„Ich habe keine Angst“

Als was fühlen Sie sich: ein Deutscher, ein Schlesier, ein Pole, ein deutscher Schlesier?

Ich mag den adjektivischen Begriff nicht. Ich fühle mich zu 100 Prozent als Deutscher und natürlich bin ich auch zu 100 Prozent ein Schlesier. Für mich sind das komplementäre Begriffe, die sich nicht gegenseitig ausschließen! (...)

Was bedeutet es für Sie, Deutscher zu sein?

Ein Deutscher in Polen zu sein ist anders als ein Deutscher in Deutschland. In Deutschland lebt man, trotz der allgegenwärtigen Multikulturalität, von Deutschtum umgeben. Dieses ist wie Luft, man denkt nicht darüber nach, solange man es nicht vermisst. Die Deutschen in Polen sind in einer anderen Situation. Um das Deutschtum um uns herum zu haben, müssen wir es organisieren, zum Beispiel indem wir den Fernseher auf ein deutsches Programm umstellen. Wir müssen uns auch mal die Mühe machen, ein deutsches Buch zu kaufen oder eine CD mit deutscher Musik aufzulegen, die ich normalerweise kaufe, wenn ich in Deutschland bin. Für mich bedeutet das Deutschsein in Polen also eine gewisse Anstrengung, weshalb ich gerne den polnischen messianischen Philosophen Karol Libelt zitiere, der einmal schrieb: „Einmal gewählt, muss ich jeden Tag eine Wahl treffen“. Vielleicht hat es Goethe im „Faust“ noch besser ausgedrückt: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen“. Das bedeutet, dass es nicht so ist, dass das Erbe, das wir in unserer Jugend von unseren Eltern erhalten haben, für immer in uns bleibt. Wenn wir es erhalten wollen, müssen wir uns bemühen, ihm etwas zu geben, wovon es zehren kann. Deshalb ist es mir wichtig, was ich lese, sehe und höre.

Sie haben einmal gesagt, dass man auch versuchen sollte, so viel wie möglich Deutsch zu sprechen. Warum so viel wie möglich?

Weil die Fähigkeiten der verschiedenen Generationen sich in dieser Hinsicht deutlich voneinander unterscheiden. Um die Fähigkeit zu erwerben, sich in der deutschen Sprache zu verständigen, braucht man aber auch den oben erwähnten Aufwand – und das habe ich getan. Ich habe das für mich getan und nachdem ich eine Familie hatte, habe ich versucht, das in meiner Familie zu tun. Dabei gehöre ich ja zu der Generation, die in der Schule keine einzige Deutschstunde haben konnte. Natürlich kann ich nicht sagen, dass ich nur Deutsch gesprochen habe, aber in meiner Familie, auch dank meiner Großeltern, gab es viel davon, durch Geschichten, die den Kindern auf Deutsch vorgelesen wurden, Bücher, Schallplatten, deutsches Fernsehen, einfache Gespräche mit den Kindern, Radiohören auf Deutsch. Das Ergebnis ist, dass meine drei Söhne heute perfekt Deutsch sprechen und den Gedanken der zweisprachigen Erziehung auf ihre Familien übertragen haben. Das gibt mir die Hoffnung, dass die nächste Generation zweisprachig sein wird und sich der deutschen Kultur stark zugehörig fühlt!

Allerdings ist es nicht einfach, in Polen Deutscher zu sein. Lohnt es sich, sich zum Deutschsein zu bekennen?

Ich bin kein Opportunist. Ein Opportunist verheimlicht seine Herkunft, wenn er auf der Straße oder in einem Geschäft merkt, dass eine Person, die Deutsch spricht, mit feindseligen Augen angeschaut wird. Ein Opportunist wird auch sein Deutschsein verbergen, wenn er z. B. beleidigende Kommentare in einem Internetforum oder auf Facebook Angriffe auf Deutsche sieht, weil er dann Angst hat. Ich habe keine Angst! Ich habe meine Rechte. Heute, im Gegensatz zurzeit der Volksrepublik Polen, ist es für uns einfacher, denn dank der Demokratie und der Zugehörigkeit zur EU fühlen wir uns durch das europäische Recht und die Sitten unterstützt. Die EU basiert auf dem Prinzip der kooperierenden Vielfalt. Deshalb gibt uns dieses Recht auch die Freiheit, uns zu bekennen. Aber es zwingt uns nicht dazu. Das Bekenntnis ist unsere eigene Entscheidung! Wenn ich in Wahrheit mit meinem Deutschsein zu mir selbst stehe, sollte ich mit der gleichen Wahrheit auch zu anderen stehen.

Die Volkszählung ist nun eine perfekte Gelegenheit.

Ganz genau. Und es ist ein Test der eigenen Wahrheit durch jeden von uns persönlich. Deshalb schreiben wir auf unseren Flyer: „Du zählst!“. Damit lenken wir die Aufmerksamkeit darauf, dass Du ganz konkret zählst – Du, nicht irgendeine Masse. Es hängt nun von Dir ab, wie Du dich definierst. (...)

Mit Bernard Gaida, dem Vorsitzenden des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen und Chef der AGDM in Europa, sprach Krzysztof Świerc.

Voller Inhalt des Gespräches: Wochenblatt.pl

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