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Łukasz Biły

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Kolumne 30.10.2015 - Ein wichtiger Brief

Im Rausch des Wahlkampfes ist der 26. Oktober still vergangen. Dieser Tag sollte uns jedoch an den Brief erinnern, den die polnischen Bischöfe vor 50 Jahren geschrieben haben. Damals, 20 Jahre nach den Krieg waren die Wunden des Kriegs immer noch frisch. Von Süden bis Norden war der Stacheldraht des Eisernen Vorganges zu finden.  Berlin war durch eine Mauer geteilt und die nach den Vertreibungen in Polen verbliebenen Deutschen, hatte man dem Druck der Polonisierung ausgesetzt, man hat sie für die Nutzung der deutschen Sprache stigmatisiert. Formal gab es Frieden in der Welt, aber im Teil, den die Allianz der UdSSR als Einflusszone preisgegeben hat, konnte man sich nicht an der Demokratie erfreuen. Eher musste man „brüderlichen“ Schutz erdulden, mit dem die polnischen Kommunisten die antideutsche Propaganda begründet haben. Damals haben sich die polnischen Bischöfe entschieden, die Worte zu schreiben, durch die sie sich nicht nur einem Angriff des kommunistischen Regimes ausgesetzt haben, aber auch vieler Katholiken ,die protestiert haben und sagten, dass die Bischöfe kein Recht zu einer Versöhnungsgeste gegenüber den Deutschen hatten. Im Brief befanden sich die Worte: „In diesem allerchristlichsten und zugleich sehr menschlichen Geist strecken wir unsere Hände zu Ihnen hin in den Bänken des zu Ende gehenden Konzils, gewähren Vergebung und bitten um Vergebung“. Sogar heute sehen wir, dass dieser Satz die Spannung auf verschiedenen Ebenen vermittelt. Zuerst wird feierlich vergeben, gleich danach wird um die Vergebung eigener Schulden gebeten. Der Autor des Briefes war Kardinal Bolesław Kominek, der in Oberschlesien geboren ist und nach dem Krieg die Oppelner Kirche und danach die Erzdiözese Breslau verwaltet hat. Den ganzen Krieg hat er in Schlesien verbracht, er war also Zeuge sowohl der deutschen Kriegsverbrechen, als auch der Nachkriegsverbrechen der sowjetischen Armee und der Polen an der Zivilbevölkerung. Die Kirche wurde einerseits durch den kommunistischen Staat bekämpft, andererseits wurde sie durch denselben Staat als Werkzeug einer Polonisierungspolitik gegenüber der autochthonen Bevölkerung, genutzt. Der Brief wurde durch eine tiefe Reflexion über das Böse geschrieben. Der Ausmaß dieses Bösen, forderte es eine reinigende, christliche Haltung zu haben. Erzbischof Gądecki sagte: „Der Brief ist ein Versuch einer moralischen Abrechnung, die ohne auf die Vergangenheit zu schauen, unmöglich wäre. Unmöglich wäre sie ohne an das Schicksal sowohl der polnischen, als auch der deutschen Bevölkerung, so vor, als auch nach den Zweiten Weltkrieg zu denken“. Ein Teil der Rhetorik vor den Wahlen und die Motivation einiger Wähler lässt sich die Frage stellen, ob der Inhalt dieses Briefes von vor 50 Jahren, nicht immer noch unserer Annahme und unseres Verständnisses benötigt.

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Kolumne 07.08.2015 - Innere Emigration

Als in Polen die erste Solidarność-Bewegung ihre Tätigkeit begann, war ich noch Student, der – so wie viele meiner Kollegen – sich konspirativ engagiert hat. Eine dieser konspirativen Aktivitäten war eine Bewegung, die das Ziel hatte, eine unabhängige Studentenverbindung zu gründen. Es gab Listen der Unterstützung, Solidaritätsproteste und schließlich wurde der Verein registriert. Es war ein Sieg der Demokratie gegen das sozialistische System. Als konsequent der nächste Schritt zu machen war und man sich in den registrierten Verein einschreiben sollte, sah ich im akademischen Raum des Vereines ein großes Bild von Józef Piłsudski. Nach einer kurzen Reflexion, habe ich die Mitgliedsdeklaration nicht ausgefüllt. Einem Kollegen, der den Raum verwaltet hat, habe ich erklärt, dass ich enttäuscht war, weil ich monatelang etwas unterstützt habe, was ich für eine demokratische Bewegung gehalten habe und für so eine Bewegung ist Piłsudski nicht der beste Schirmherrscher. Hunderte meiner Kollegen sind aus der Sozialistischen Vereinigung der Polnischen Studenten ausgetreten und schrieben sich in den neuen ein. Ich blieb weiterhin kein Mitglied eines Vereins. Als man dann den Kriegszustand eingeführt hat, begaben sich viele Künstler oder Journalisten in die sogenannte „Emigration nach Innen“. Tausende von Menschen boykottierten das Regimefernsehen unter dem Motto „Das Fernsehen lügt“. Wir haben in diesem Land gewohnt, aber wir identifizierten sich damit nicht. Heute fühle ich als Bürger Polens, dass ich wieder mich immer mehr in Richtung der inneren Emigration lehne. Leider nicht deswegen, weil das Fernsehen lügt, sondern weil es die Wahrheit zeigt. Es zeigt ein zerstrittenes Land und eine zerrissene Gesellschaft. In den Medien wird purer Hass demonstriert, Hass der keine Argumente braucht und kein Pardon kennt. Alles ist ein guter Vorwand: Das Thema In Vitro, der Warschauer Aufstand oder die Wahlen. Oft wird er mit Unverschämtheit demonstriert, mit keuchender Aggression, die erschreckend ist. Selbst Menschen, von denen man es nicht erwarten würde, lehnen sich in diese Richtung. Sogar meine Kirche scheint, ihr katholisches Dasein zu verlieren, ihre Allgemeinheit auf Kosten einer dem anderen gegenüber verschlossenen polnischen Wesensart. Ich beginne die Nachrichten aus Polen zu meiden, genauso wie polnische Zeitungen oder Orte, in denen ein wörtlicher Schlagabtausch zum Tagesprogramm gehört. Heute diskutiert man nicht mehr, sondern kämpft nur. Ich wohne hier, aber ich fühle mich wie in der Emigration und so wie ein Eimigrant beginne ich dieses Land nicht mehr zu verstehen.

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