Kolumne 06.05.2016 - Das Fest der Fahne
- geschrieben von Bernard Gaida
- Publiziert in Blogs
Nicht oft habe ich die Gelegenheit meine Kolumne in der Mitte des „langen Maiwochenendes” zu schreiben. In Polen sind am 1., 2. und 3. Mai Feiertage und diesbezüglich sind die drei ersten Tage des Monats der eigentliche Teil des „langen Wochenendes“. In diesen Tages gingen noch vor 30 Jahren spezielle Kommissionen zwei Mal durch unsere Dörfer und Städte. Am Tag vor dem 1. Mai kontrollierte man und schüchterte diese Menschen ein, welche die Fahne noch nicht am Haus aufgehängt haben. Schon am 2. Mai hingegen schüchterte man diese Menschen ein, die den Mut hatten, sie noch hängen zu lassen. Die Manipulation mit Hilfe der Fahne hat eine lange Tradition. Heute wenn ich diese Tage beobachte, dann sehe ich eine Tendenz den 1. Mai als nationalen Tag der Arbeit zu überspringen und sich auf dem nächsten Tag – dem „Tag der Fahne“ – zu konzentrieren. Ebenfalls konzentriert man sich stärker auf dem 3.Mai, also dem Jahrestag der ersten Verfassung, die demokratische Merkmale hatte und das nicht nur im Hinblick auf Polen. Leider ist der Jahrestag des Betrittst Polens zur Europäischen Union, der ja am 1. Mai ist, in diesem Jahr in den Schatten gerückt. Aus dem Anlass des Tages der Fahne hat man viele Reden gehalten. Paradoxerweise aber wird am meisten nicht die Rede des Präsidenten Andrzej Duda kommentiert, sondern die von Jaroslaw Kaczyński. Tatsächlich hatte diese Rede viele Inhalte in sich, die ein Merkmal derjenigen sind, die die Macht in ihren Händen halten. Wichtig ist deshalb, dass genau in dieser Rede, die fast am Jahrestag der Vergrößerung der EU gehalten wurde, eine Versicherung beinhaltet war, dass die Zukunft Polens nur in der Europäischen Union möglich ist. Die Worte sind vor allem für die wichtig, die Mitglieder des rechtsradikalen „Radikal-Nationalen Lagers“ oder der Partei Recht und Gerechtigkeit sind. Diese Menschen haben in der letzten Zeit wie in einem nationalen Amok die Feindschaft gegenüber der EU propagiert. Es ist sogar eine Idee aufgetaucht, eine Volksabstimmung zu veranstalteten, die entscheiden sollte, ob Polen die Gemeinschaft verlässt. Ich war überrascht, als ich gehört habe, dass das Dasein in der EU ein Synonym des Daseins in Europa ist und dass die meisten Polen sowie „Bürgers Polens anderer Nationalität dies wollen“. Es geht um uns, um die, die zu einer nationalen Minderheit gehören. Es ist wohl tatsächlich so, dass keiner mehr in der EU sein will, als die nationalen Minderheiten. Denn sie sind natürlicherweise schwächer und sind dazu verdammt, mit dem Recht, dass die Mehrheit beschließt, zurechtzukommen. Für uns sind die EU und ihre Institutionen eine Garantie der bürgerlichen Rechte, unabhängig von der Nationalität. Dies führt dazu, dass das „Fest der Fahne“ für die deutsche Minderheit das ganze Jahr andauert und bunt ist, weil wir täglich neben den regionalen Fahnen auch die polnische, die deutsche und die Fahne der Europäischen Union nebeneinander aufhängen.