Kolumne 17.06.2016 - Viel gegenseitiger Respekt
- geschrieben von Bernard Gaida
- Publiziert in Blogs
Vergangene Woche konnte ich im Bundestag eine merkwürdige Ausstellung zum 25-jährigen Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags sehen. Überraschend ist die Narration über die neuste Geschichte dieser Beziehungen, die kein Wort über Lech Wałęsa übrig hat. Die Bewegung „Solidarność“ unter seiner Führung, hat schon 1981 einen Beschluss gefasst, welcher die deutsche Minderheit in Polen anerkannt hat. Das war 10 Jahre vor der formellen Anerkennung im Nachbarschaftsvertrag. Die Bedeutung dieser Tatsache wird davon unterstrichen, dass noch im Jahre 1985 General Wojciech Jaruzelski und Primas Józef Glemp dies geleugnet haben. Die Ausstellung ist auch deswegen merkwürdig, weil sie entgegen der Wahrheit informiert, dass die Verpflichtungen der Erklärung des deutsch-polnischen Runden Tisches gegenüber der deutschen Minderheit von Polen voll und ganz umgesetzt worden sind. Diese Information widerspricht dem Inhalt der unlängst geführten Gespräche und der Korrespondenz, die bevor diese Gruppe praktisch ihre Aktivität eingestellt hat, geführt worden sind. Die Bewertung dieser Ausstellung könnte man noch erweitern und so die Meinungen von Prof. Krzysztof Ruchniewicz, wie auch von Hartmut Koschyk MdB, die zuerst von deutschen und dann auch von polnischen Medien zitiert wurden, angeben. Es scheint, dass de Einseitigkeit dieser Ausstellung noch ihre Fortsetzung haben wird. Doch es reichte nur in Breslau am Samstagabend zu sein, um optimistischer zu werden und zu der Erkenntnis zu kommen, dass in den deutsch-polnischen Beziehungen es auch bessere Seiten geben kann. Die Inszenierung der „Breslauer Kantate“ auf der Dominsel und der Oder zeigte, dass es Personen gibt, die Akzente so setzten können, das sie voller Reflexion und Respekt für das letzte Jahrhundert der gemeinsamen Geschichte sind. Außer beindruckender Kunstfertigkeit der Musik und des Lichtes bewunderte ich eine Narration über Geschichte, die zuerst die beindruckende Entwicklung Breslaus in der Weimarer Republik mit einer wichtigen Rolle der Juden zeigte und danach im Teil „die Zerstörung“ die ergreifende Tragödie des Krieges. Dabei hat der Sprecher zum Ausdruck gebracht, dass nicht nur die Gebäude zerstört wurden, sondern eine ganze Gemeinschaft. Noch mehr nachdenklich war die Beschreibung des Jahres 1945 als den Anfang einer Zeit, wo die Stadt weder deutsch noch polnisch war. In der Inszenierung wird die heutige offene Identität Breslaus erst nach dem Wideraufbau der Stadt nach der Flut 1997 und nach dem Wiederaufbau der Demokratie, die zusammen mit der Weimarer Republik aus der Stadt verschwunden ist, geboren. Die Kantate wurde gemeinsam von Künstlern aus Polen, Deutschland, Israel und Tschechien geschaffen und aufgeführt. Wie das doch symbolisch ist und wie viel gegenseitiger Respekt doch darin steckt!