Bartimäus an der Grenze
- geschrieben von Bernard Gaida
- Publiziert in Blogs
Das Problem der Grenze verlangt zunehmend nach einer klaren Haltung, die bei den sinkenden Temperaturen nicht mehr mit der Aussage quittiert werden kann, es sei nicht unser Problem, da Lukaschenko es zynisch geschaffen habe und es für seine eigene Politik nutze. Politiker, Mediziner und zaghaft sogar der Primas melden sich nun zu Wort.
Am Anfang verlief die Spaltung entlang politischer Linien, wobei die PiS-Anhänger dafür waren, die Flüchtlinge in die Wälder oder zurück nach Weißrussland zu treiben, hinter Verhaue und eine Mauer. Die Opposition war dagegen. Die Spaltung verändert sich jedoch zunehmend und hat mittlerweile nichts mit politischen Sympathien zu tun. In diesem Zusammenhang interessierte mich das Prinzip, welches das Evangelium für den vergangenen Sonntag über die Heilung des Bartimäus durchdringt. Wer das Evangelium genauer liest, wird feststellen, dass die von Jesus Geheilten dort selten einen Namen haben. Die Tochter des Jairus, der junge Mann aus Naim oder die Witwe, die an Blutungen leidet, haben keine. Diesmal handelt es sich um einen Blinden namens Bartimäus, der Jesus ebenfalls namentlich um Heilung bittet, obwohl die Menge ihm sagt, er solle still sein. Seine Jünger kommen auf ihn zu und führen ihn zu Jesus und er heilt ihn trotz derer, die ihn zum Schweigen bringen wollten. Mit dem Namen anrufen bedeutet, einen Menschen zu kennen, einen konkreten Menschen, nicht einen Blinden, einen Aussätzigen oder einen .... Flüchtling.
Dank des Engagements von Freiwilligen, Journalisten und verschiedenen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an der Grenze werden aus einer anonymen Zahl von Flüchtlingen nun sogar trotz des Ausnahmezustands Kinder aus Michałów. Sie erhalten ihre Gesichter und Namen zurück und dann ist ihr Umherirren, ihr Leiden und zunehmend auch ihr Tod durch Kälte und Erschöpfung nicht mehr anonym, er „schreit zum Himmel“. Und während der rücksichtslose Schutz der Grenze vor einem „Flüchtlingsmob“ noch Verständnis bei der Mehrheit fand, werden Schutzmaßnahmen, bei denen Mütter mit ihren wenige Jahre alten Babys dem Tod durch Hunger und Kälte ausgesetzt werden, nur noch von rücksichtslosen und unmoralischen Politikern gerechtfertigt.
Solange dieser Kampf gegen ausweglose Menschen andauert und seine Lösung im Bau einer Mauer und nicht in der Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union gesucht wird, werden leider weiterhin Menschen in den Wäldern sterben und wir schweigenden Christen werden wie jene sein, die Bartimäus zum Schweigen aufforderten. Aber er war es, den Jesus rief!
Und abschließend muss noch gesagt werden, dass Polen jetzt das braucht, was es 2015 seinen Partnern verweigert hat: Solidarität angesichts der humanitären Krise. Mögen andere sich Polen gegenüber nicht so verhalten wie Polen damals.
Bernard Gaida