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Deutsches Dänemark

Eine Straße in Kopenhagen / Ulica w Kopenhadze. Foto: Pixabay Eine Straße in Kopenhagen / Ulica w Kopenhadze. Foto: Pixabay

Immer, wenn ich mit Vertretern nationaler Minderheiten aus unterschiedlichen Staaten zusammenkomme, denke ich daran, wie wenig, oder eher wie langsam, sich ihre Situation in Europa verändert. Es geht so langsam, dass manche eine ordentliche Minderheitenpolitik gar nicht mehr erleben. Das betrifft auch deutsche Minderheiten, mit denen ich mich in Nordschleswig, das seit 100 Jahren in Dänemark liegt, getroffen habe.

Als wir das Museum in Sonderburg besucht und uns die Ausstellung zum Plebiszit im Jahr 1920 angesehen haben, kam es mir vor, als sehe ich Abstimmungsplakate in Oberschlesien des Jahres 1921. Antideutsche, antidänische Slogans, die auf Stereotypen basieren. Ich war in dem Teil des Abstimmungsgebietes, das an Dänemark fiel. Die Geschichte der vergangenen 100 Jahre ist die Geschichte eines schwierigen Zusammenlebens, aber doch einer ehrlichen Politik und der Achtung der eigenen Verpflichtung, was dazu führte, dass deutsche Schulen in diesem Teil Dänemarks zur Normalität gehören. Diese Normalität störten der Krieg und der Nationalsozialismus, was nach dem Fall des Dritten Reiches zur Abrechnung mit der deutschen Minderheit führte. Die Konsequenz dessen war ein Schwund des deutschen Bildungswesens, jedoch nur für einige Nachkriegsjahre. Heute lernen in mehr als einem Dutzend deutscher Kindergärten, Schulen und einem Gymnasium Hunderte Kinder und dadurch ist die deutsche Sprache wirklich die Sprache der deutschen Minderheit in Dänemark. Deutsch sprachen ältere und jüngere, auch wenn sie zu Hause den süddänischen Dialekt benutzen.

In Oberschlesien fand die Volksabstimmung ein Jahr später statt. Ostoberschlesien fiel an Polen, es entstanden ca. 100 Schulen und Gymnasien mit Deutsch als Unterrichtssprache. Das störte der Krieg, nach dessen Ende fast ganz Schlesien polnisch wurde. Die Geschichte könnte so ablaufen wie in Dänemark, würde aus Schlesien nicht fast alle Schlesier gen Westen vertrieben worden sein und… hätte man nicht die Demokratie und das ganz auf ihr begründete System vertrieben. Es vergingen die Nachkriegsjahre und… nie wieder sind die deutschen Schulen zurückgekehrt. Auch die Sprache wurde vertrieben. Hunderttausende Deutsche hatten nicht so viel Glück wie einige zig Tausend Deutsche in Dänemark.

Sie hatten die Demokratie, die es nicht erlaubt, einen Menschen wegen seiner Nationalität oder Sprache mit Füßen zu treten. Nach Polen kam dann auch endlich die Demokratie und sie erlaubte der deutschen Sprache, aus der Vertreibung zurückzukommen. Doch sie gibt ihr immer noch keine richtige Chance, trotz schöner Deklarationen und formeller Vertragsratifizierungen. Wir warten immer noch, wann der demokratische Staat aufwacht und seine Verpflichtungen begreift. Wann die Deutschen in Polen das haben werden, was es in Dänemark, Rumänien oder Ungarn gibt. Was die Polen in Litauen haben! Schulen.

Bernard Gaida

Letzte Änderung am Mittwoch, 10 November 2021 13:17