Gemeinsam in Europa auftreten
Mit Stephan Rauhut, dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien, sprach Rudolf Urban über die Geschichte und die Zusammenarbeit mit der Deutschen Minderheit.
- Publiziert in Geschichte
Mit Stephan Rauhut, dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft Schlesien, sprach Rudolf Urban über die Geschichte und die Zusammenarbeit mit der Deutschen Minderheit.
Z Joanną Rasch, dyrektorem Zespół Przedszkolno- Szkolny w Kędzierzynie- Koźlu, rozmawiamy o tej dwujęzycznej, polsko-niemieckiej szkole oraz sytuacji w oświacie w dobie pandemii #COVID19. Zapraszamy do słuchania!
Vor 30 Jahren kamen der damalige polnische Premierminister Tadeusz Mazowiecki und der seinerzeit regierende Bundeskanzler Helmut Kohl im niederschlesischen Kreisau zu einem Gottesdienst zusammen, der später als Versöhnungsmesse in die Geschichte eingegangen ist. Der 12. November 1989 bedeutete einen symbolischen Neuanfang in den deutsch-polnischen Beziehungen und war zugleich für die deutsche Minderheit in Oberschlesien der Tag, an dem sie zum ersten Mal polenweit in Erscheinung getreten ist.
Kreisau heute ist mit dem von vor 30 Jahren nicht zu vergleichen. Die Gebäude des ehemaligen Gutes - ob nun Kuhstall, Scheune oder das Schloss - wurden saniert und dienen seit 21 Jahren als internationale Jugendbegegnungsstätte, in der sich nicht nur Polen und Deutsche zu gemeinsamen Projekten treffen. Das erlebten auch viele Teilnehmer der Versöhnungsmesse am 12. November 1989, als sie in diesem Jubiläumsjahr, u.a. im Rahmen des vom VdG koordinierten Projektes "Begegnungsstättenarbeit" den historischen Ort nahe Schweidnitz, nicht selten zum ersten Mal, wieder besucht haben.
Die Angst fuhr mit
Unter den damaligen Zeitzeugen ist Teresa Olschowska aus Reinschdorf, die sich vor 30 Jahren nicht wie viele andere in einem Bus, sondern mit einem PKW auf den Weg nach Kreisau gemacht hat. "Damals war alles eine Ruine. Besonders das Schloss ist mir in Erinnerung geblieben, dessen Fensteröffnungen allesamt mit Brettern zugenagelt waren. Und auf dem Platz gab es keinen Rasen oder gepflegte Wege wie heute, sondern Erde und Sand, in denen man versinken konnte", erinnert sich Teresa Olschowska.
Trotz dieser nicht besonders einladenden Umgebung und des schlechten Wetters machten sich viele Hundert Mitglieder der sich gründenden deutschen Minderheit vor allem aus Oberschlesien, wenn auch nicht ohne Bedenken, auf den Weg. Bernard Gaida, der heutige Vorsitzender des Verbandes deutscher Gesellschaften in Polen, erinnerte sich in einem Interview mit der Deutschen Welle: "Zum ersten Mal sollten wir offiziell zeigen, dass wir uns zu unserem Deutschtum bekennen. Und wir sollten außerhalb Oberschlesiens, wo wir uns relativ sicher gefühlt haben, in ein fremdes Gebiet fahren. Mein Vater sagte auf einmal, dass nur einer von uns fahren könne, denn ein Mann muss in der Familie bleiben. Schließlich hat er sich doch überzeugen lassen und wir sind beide gefahren. Doch wir fuhren mit einem bangen Gefühl".
Transparente
In Kreisau angekommen, fühlten sich die einen deutschen Oberschlesier sofort wie neugeboren, denn es waren gerade sie, die den Platz des alten Gutes füllten und sich da oftmals zum ersten Mal als Vertreter der jeweiligen Deutschen Freundschaftskreise getroffen haben. Bei anderen hielt die Unsicherheit noch eine Weile an, bis sie die vielen deutschsprachigen Plakate und Schriftzüge gesehen haben, unter denen eines besonders hervorstach: "Helmut, Du bist auch unser Kanzler".
Dieser Satz, der manch einem Oberschlesier wie aus dem Herzen gesprochen vorkam und von den Himmelwitzer Deutschen um Richard Urban mitgebracht wurde, sorgte aber nicht nur medial für Furore. Das Banner wurde zum Symbol der nun offen und selbstbewusst auftretenden Deutschen Minderheit. Die polnische Gesellschaft und Politik haben dies aber durchaus als Provokation angesehen. Jahre später erinnerte sich Tadeusz Mazowiecki, dass ihm dieser Schriftzug überhaupt nicht gefallen hatte und er sich pikiert fühlte. Mazowiecki zeigte aber letztendlich Verständnis für die sich erst seit kurzem im neuen Polen öffentlich bekennenden Deutschen.
Friedensgruß
Dieses Verständnis und die wenig später auch formal erreichte Anerkennung als nationale Minderheit waren es, was die deutschen Oberschlesier gefordert und schließlich erreicht haben. Für sie, wie Bernard Gaida sagt, war aber auch die Versöhnung mit den polnischen Mitbürgern wichtig, mit denen man schließlich seit Jahrzehnten sprichwörtlich Tür an Tür gelebt hatte. "Von ihnen kamen aber letztendlich nur wenige nach Kreisau, so dass wir keine polnischen Partner hatten, mit denen wir den Friedensgruß hätten teilen können, wie es Mazowiecki und Kohl vorgemacht haben. Den Friedensgruß gaben wir also untereinander und boten ihn nicht den Polen an, weil sie schlicht nicht da waren", sagte Bernard Gaida.
30 Jahre nach der Versöhnungsmesse sieht die Situation zwischen Polen und Deutschland anders aus. Ähnlich, wie die sanierten Gebäude in Kreisau und die dort stattfindenden Initiativen, sind auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontakte zwischen beiden Ländern lebendig und lassen hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Gleichzeitig sieht man aber auch Risse auf der politischen Ebene. Ob es nun die deutsch-russische Pipeline Nordstream 2, die polnischen Kriegsentschädigungsforderungen oder jüngste Aussagen aus Warschau sind, es werde keine weiteren Rechte für die deutsche Minderheit in Polen geben, solange die in Deutschland lebenden Polen nicht als Minderheit anerkannt würden. Sie zeigen, dass auch 30 Jahre nach dem historischen Friedensgruß noch so manch eine Baustelle offen ist.
Bundeskanzler Helmut Kohl in Kreisau. Foto: Wikipedia.pl
Der Ministerpräsident von Polen Tadeusz Mazowiecki in Kreisau. Foto: Wikipedia.pl
Am 12. und 13. November fanden in Kreisau die Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der Versöhnungsmesse statt. Neben einem Gottesdienst wurde auch eine Konferenz über die heutigen deutsch-polnischen Beziehungen organisiert.
Treffen mit den Zeitzeugen
„Auf der Bank. Das kulturelle Leben in der Nachkriegszeit“
Wir laden Sie herzlich zu einem Treffen mit Zeitzeugen ein, das am 2. Oktober 2019 um 17:00 Uhr in der Galerie für zeitgenössische Kunst in Oppeln stattfinden wird.
Treffen mit Zeitzeugen
2. Oktober (Mittwoch) 2019 um 17.00 Uhr
Galerie für zeitgenössische Kunst
Pl. Teatralny 12, 45-056 Oppeln
Das Kulturleben in Schlesien um die Jahrhundert wende erhlit einen vielfältigen Charakter, hatte aber eine wichtige Funktion – nämlich die Integration der lokalen Gemeinschaft. Die Zeitgemäße Sättigung mit Technischen Neuheiten bewirkt, dass sich die Menschen immer weniger miteinander integrieren. Das Projekt, das veranstaltet wird zielt darauf ab, die Junge Generation mit dem Thema Kulturleben in der Nachkriegszeit vertraut zu machen.
Das Motto des Treffens lautet: "Auf der Bank. Das kulturelle Leben in der Nachkriegszeit". Eingeladene Gäste, wie prof. Joanna Rostropowicz - eine polnische klassische Philologin und akademische Lehrerin an der Oppelner Universität und Krystian Czech, Direktorin des Kulturzentrums in Lugnian, Veranstalter des Wettbewerbs "Mit Schlesien für Sie" und Erika Świerc, Sozialaktivistin aus Ringwalde, werden dem Publikum das kulturelle Leben der Nachkriegszeit näher bringen. Die Bank zu der Zeit war ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen und sozialen Leben wo die Menschen ihre Freizeit gemeinsam verbrachten. Das Treffen wird auf Polnisch stattfinden und wird von Herrn Rudolf Urban moderiert.
Die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Die Teilnahme am Treffen ist kostenlos.
Anmeldefrist ist bis zum 30. September 2019.
Download:
Kontakt:
Martyna Halek
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Tel. 77 402 51 05
Finanzierung:
MSWiA
VdG
Prof. Dr. Bernd Fabritius wurde im April 2018 zum Bundesbeauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten ernannt. Er Besuch die Deutschen Minderheiten in Schlesien. Rudolf Urban sprach mit Bernd Fabritius über die Ziele der Reise.