Tusk – die deutsche Option?
- geschrieben von Bernard Gaida
- Publiziert in Blogs
Tusk – die deutsche Option?
Vor ein paar Tagen, also im Moment, in dem der Abgeordnete des Europäischen Parlaments Jacek Saryusz-Wolski offiziell zum Europaratschef-Kandidaten Polens wurde, starteten die plumpen Attacken von Spitzenpolitikern der regierenden Option und der ihnen treuen Medien mit der Kraft eines Wasserfalls. Ich sehe von der Unlogik dieser zum Scheitern verurteilten Entscheidung ab. Scheitern werden entweder nur die Urheber im Falle der sicheren Niederlage von Saryusz-Wolski, oder ganz Polen, falls keiner der zwei kandidierenden Polen gewählt wird. Weil die Chance der Wahl des PiS-Kandidaten, das wie wir erfahren haben die Regierung zum Anmelden der neuen Kandidatur und zur Verweigerung von der Unterstützung der Tusk-Kandidatur vom Anfang an verpflichtete, fast gleich Null ist, muss man annehmen, dass das Einführen von Jacek Saryusz-Wolski auf diese hohe Stellung in der EU nicht das eigentliche Ziel ist.
Die Wahl von Donald Tusk oder einen Kandidaten aus einen anderen EU-Land kann paradoxal von den PiS-Strategen als ein geplanter Erfolg eingestuft werden. Seit einem Jahr sehen wir doch, dass oft die Außenpolitik der Regierung von Beata Szydło, in der Wirklichkeit inneren Zielen dient. Die diplomatischen Gespräche, die polnische Politiker im Ausland führen, begleitet eine völlig andere nach Innen gerichtete Narration. Ein mir bekanntes Beispiel sind die Gespräche des deutsch-polnischen Runden Tisches, in deren seit langer Zeit seitens der polnischen Regierungsdelegation die Erwartung, um die polnische Gemeinschaft in Deutschland als nationale Minderheit anzuerkennen, nicht ausgedrückt wurde. Gleichzeitig versucht man in den polnischen Medien den Eindruck zu schaffen, dass dies eine der wichtigsten Forderungen ist. Auf diese Weise entsteht als Nebeneffekt dieser Dissonanz das Bild der deutschen Regierung als einer Regierung, die zu Polen negativ eingestellt ist.
In den letzten Tagen hören wir seitens der Politiker der Regierungsoption wiederholte Aussagen, dass Tusk im Grunde ein deutscher Kandidat ist, dass er die Unterstützung von Angela Merkel hat, die andere Länder zum Unterstützen seiner Kandidatur zwingt. Die Narration ist insoweit mit der Dichotomie des deutsch-polnischen Konfliktes gekennzeichnet, dass der europäische Kontext dabei fast nicht mehr sichtbar ist. Bei dieser wie ich denke absichtlicher Narration, scheint das Ziel die erneute Verschlechterung des Bildes von Deutschland in den Augen eines großen Teils der polnischen Gesellschaft zu sein, und gewissermaβen dabei das Aufdecken eines anstöβigen Bildes der Europäischen Union, die vom Willen Deutschlands abhängig und zugleich Polen gegenüber unfreundlich ist. Auf diese Weise erreichen die Strategen der heutigen Politik vielleicht auch das Senken der immer noch hohen Unterstützung der Polen für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Der Konflikt mit der EU scheint doch eins der Ziele der heutigen Politik und des Imageaufbaus von PiS zu sein.
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