Deutsch als Minderheitensprache nach der Bildungsreform
- geschrieben von Ryszard Karolkiewicz
- Publiziert in Bildung
Mit dem Beginn des neuen Schuljahres 2017/2018 ist die Schulreform in Polen Wirklichkeit geworden. Das neue Bildungsgesetz (ustawa - prawo oświatowe) erforderte es, dass auch viele andere Vorschriften an die neuen gesetzlichen Regelungen angepasst werden, darunter auch eine Verordnung des Bildungsministers, mit der der Unterricht für die nationalen Minderheiten geregelt wird. Wir fassen die wichtigsten Änderungen zusammen und geben Tipps zur Umsetzung der neuen Vorschriften.
Der Schulunterricht zur Erhaltung der nationalen und sprachlichen Identätät der Minderheiten wurde mit der Verordnung des Bildungsministers vom 18. August 2017 neu geregelt. Die Verordung trat am 1. September 2017 in Kraft. Hier zum originellen Text der Verordnung.
Anwendungsbereich der neuen Verordnung
Die neue Verordnung gilt für alle Klassen der jetzigen Grundschule und für die neuen Fachoberschulen (szkoła branżowa I stopnia). Dies ist insofern von Bedeutung, dass die Verordnung bestimmte Stundenzahlen vorschreibt, die im Rahmen des Sprachunterrichts und des Fachs Geschichte und Kultur angeboten werden sollen. Für Deutsch als Zusatzfach gilt z. B. auf allen Bildungsetappen, dass wöchentlich 3 Stunden Deutschunterricht angeboten werden sollen; Geschichte und Kultur muss dagegen in den Klassen V und VI der Grundschule unterrichtet werden (Einzelheiten in Anlage 3 zur Verordnung).
Die einzige Ausnahme bilden die Klassen II und III der Mittelschule (gimnazjum) und alle bisherigen Oberschulen. Der Unterricht in diesen Klassen ist immer noch nach der alten Verordnung von 2007 zu organisieren.
Die Verordung enthält auch Regelungen für Deutsch als Minderheitensprache in Kindergärten.
FAQ: Sollen die neuen Lehrpläne auch in allen Klassen der Grundschule umsetzt werden?
Die Umsetzung der Lehrpläne wird durch eine separate Verordnung geregelt. Dies bedeutet, dass die neuen Lehrpläne ausschließlich in den Klassen I, III und VII der Grundschulen und in der 1. Klasse der Fachoberschule zum Einsatz kommen. Die übrigen Klassen und Schultypen arbeiten nach den "alten" Lehrplänen.
Antrag nach einem Muster
Der neuen Verordnung liegt ein Muster des Antrags bei, nach dem die Eltern den DaM-Unterricht beantragen können. Das Muster gibt vor, welche Angaben im Antrag gemacht werden sollen. Die Verordnung verpflichtet jedoch den Antragsteller nicht, das Musterformular zu verwenden. Der Antrag kann auch handschriftlich vorbereitet werden, soll jedoch bestimmte Angaben enthalten: Personalangaben des Kindes, die beantragte Art und Form des Unterrichts, Unterschriften der Eltern, Datum der Antragstellung und Unterschrift der Person, die den Antrag entgegennimmt.
Termine und Unterschriften
Für die Beantragung des Minderheiten-Sprachunterrichts setzte das Ministerium neue Fristen fest. So kann der Antrag jeweils bis 20. September gestellt werden. Die Eltern können dann damit rechnen, dass der Unterricht noch im laufenden Schuljahr organisiert wird. Dies betrifft vor allem diejenigen Eltern, die ihre Entscheidung nach dem Beginn des Schuljahres treffen, denn sonst gelten Anträge, die bereits vor der Schulreform gestellt wurden. Es ist nicht erforderlich, den Antrag erneut nach dem neuen Muster zu stellen. Ein neuer Antrag kann eventuell notwendig sein, wenn das Kind die Schule wechselt oder wenn das Kind im Zusammenhang mit der Schulreform für seine 7. Klasse der Grundschule in eine neu gegründete Einrichtung wechselt.
FAQ: Müssen den Antrag die beiden Eltern unterzeichnen?
Eine Reihe von Fragen wirft die Tatsache auf, dass auf dem Antragsmuster Platz für die Unterschriften der beiden Eltern vorgesehen wurde. Weil die Eltern jedoch über den Bildungsweg ihres Kindes einstimmig entscheiden, reicht es, wenn nur ein Elternteil den Antrag unterzeichnet. Zwei Unterschriften sind nur dann empfohlen, wenn bekannt ist, dass die Eltern in Entscheidungen über ihr Kind auseinandergehen. Über die Befugnisse der Eltern entscheidet dann aber das zuständige Gericht.
Zahl der Anträge und die Größe der Gruppen
Eine Mindestzahl der Anträge, die für den Minderheitenunterricht erforderlich ist, hat man ausschließlich für die Gruppen festgelegt, die einen separaten Zweig in der Schule oder im Kindergarten bilden, in dem der Unterricht in zwei Sprachen (Deutsch und Polnisch) oder der gesamte Unterricht in der Sprache der Minderheit durchgeführt wird. Dementsprechend müssen im Kindergarten mindestens 14 und in der Schule - mindestens 7 Anträge pro Gruppe vorliegen, um bilingualen Unterricht bzw. den gesamten Unterricht in der Sprache der Minderheit zu organisieren. Sonst kann Deutsch als Minderheitensprache nur als Zusatzfach in Form von 3 Stunden wöchentlich angeboten werden.
Bei Gruppen, die aus Schülern mehrerer Klassen bestehen, hat man die Zahl der Schüler auf 16 pro Gruppe begrenzt. Der Deutschunterricht ist andererseits auch bei drei Anträgen möglich. Die Regelungen für den Kindergarten sind vergleichbar.
Geschichte und Kultur der deutschen Minderheit
Das Fach Geschichte und Kultur wird immer dann automatisch organisiert, wenn die Eltern den Minderheiten-Sprachunterricht für ihre Kinder beantragen. Laut Verordnung sind für die gesamte 2. Bildungsetappe insgesamt 50 Unterrichtseinheiten im Fach Geschichte und Kultur anberaumt. Diese Stunden werden auf zwei Schuljahre verteilt - zu jeweils 25 Stunden in der 5. und in der 6. Klasse der Grundschule. Das Stundenkontingent von 25 Unterrichtseinheiten ist eine Zahl, die um zusätzliche Unterrichtsstunden erweitert werden kann, wenn der Schulträger die zusätzlichen Stunden bewilligt. Für den Schüler bedeutet das dann, dass Geschichte und Kultur über das gesamte Schuljahr mit einer Stunde pro Woche verteilt werden kann. Sein Unterricht endet dann nicht nach 25 Unterrichtseinheiten, sondern erstreckt sich über das gesamte Schuljahr. Über die Verteilung der Unterrichtsstunden im Schuljahr entscheidet der Schulleiter.
FAQ: Wie wird der Unterricht in 'Geschichte und Kultur' dokumentiert?
Die Leistungen eines Schülers werden in demselben Klassenbuch dokumentiert wie die Leistungen in anderen Schulfächern; sie finden auch ihren Eintrag im Schulabschlusszeugnis. Die Note in 'Geschichte und Kultur' beeinflusst jedoch nicht die Versetzung eines Schülers.
Geographie des Herkunftslandes - Geographie Deutschlands
Der Geographieunterricht für die deutsche Minderheit kann auf Wunsch der Eltern, aus der Initiative des Schulleiters oder einer Organisation der deutschen Minderheit organisiert werden. Ein separater schriftlicher Antrag der Eltern ist dabei nicht erforderlich. Diesen Unterricht muss der Schulleiter beim zuständigen Schulträger extra beantragen und sich die Bewilligung des Schulträgers einholen. Das Fach Geographie Deutschlands wird für alle Schüler zum Pflichtfach, wenn das Lehrplan für dieses Fach vom Schulleiter für die konkrete Gruppe oder Klasse genehmigt wird. Über die Form und die Inhalte des Unterrichts entscheidet der Schulleiter in Absprache mit dem zuständigen Lehrer und der lokalen Gemeinschaft (Schüler, Eltern, Organisation der DMi). Für die Organisation des Geographieunterrichts kann der Schulleiter bis zu 30 Unterrichtseinheiten in der 2. Bildungsetappe (Grundschule) und bis zu 15 Unterrichtseinheiten in der Oberschule einplanen. Das Fach Geographie Deutschlands hat im Lehrplan eines Schülers denselben Stellenwert wie das Fach Geschichte und Kultur.
Deutsch als Minderheitensprache im Kindergarten
Wird im Kindergarten Deutsch als Minderheitensprache in Form von Zusatzstunden beantragt, dann ist der Kindergartenleiter dazu verpflichtet, sechs Kindergarten-Stunden Deutsch pro Woche zu organisieren. Die Dauer einer Kindergarten-Stunde hängt im Minderheitenunterricht vom Alter der Kinder ab und wurde auf ca. 30 Minuten bei den 5-6-jährigen Kindern und auf ca. 15 Minuten bei den 3-4-jährigen Kindern festgelegt. Über die Verteilung der Stunden im Wochenplan einer Gruppe entscheidet der Direktor eines Kindergartens. Für die Kinder einer nationalen Minderheit sind sie auf jeden Fall kostenlose Unterrichtseinheiten. Die Finanzierung dieses Unterrichts übernimmt immer die Gemeinde.
Außer Deutsch-Zusatzstunden sind im Kindergarten der bilinguale Unterricht bzw. der Unterricht in der Sprache der Minderheit möglich. Für Gruppen, in denen die Betreuung in dieser Form stattfinden soll, sind jedoch 14 Anträge der Eltern notwendig.
FAQ: Soll Deutsch als Minderheitensprache im Kindergarten im Rahmen des Lehrplans für frühkindliche Erziehung organisiert werden oder machen diese Unterrichtseinheiten einen separaten Block aus? Fallen diese Stunden dann unter die kostenlose Betreuung der Kinder, die von der Gemeinde angeboten wird?
Die Lehrpläne für frühkindliche Erziehung im Kindergarten geben keine bestimmte Anzahl der Stunden vor, in denen diese Erziehung stattfindet. Die Lehrpläne werden praktisch während des gesamten Aufenthalts der Kinder im Kindergarten umgesetzt. Der zuständige Betreuer der Gruppe erstellt allerdings einen Wochen- bzw. einen Tagesplan für die Betreuung seiner Gruppe. Ob der Minderheiten-Sprachunterricht in diesem Plan seinen Platz findet, entscheidet der Direktor des Kindergartens in Absprache mit dem Betreuer, ggf. einem externen Deutschlehrer. Der Deutschunterricht kann somit zu unterschiedlichen Uhrzeiten stattfinden. Er bleibt jedoch kostenloser Zusatzunterricht für die Kinder der Minderheit. Die vom Staat abgesicherte kostenlose Betreuung muss dann für alle Kinder gewährleistet sein und unter Umständen an die Organisation des Deutschunterrichts angepasst werden.
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