"Dies ist euer Zuhause, ihr seid hier daheim" − es ist nur eine der Aussagen der Vertreter von sechs Jugendgruppen aus Oppeln*, die am Dienstag auf der Pressekonferenz vor dem Hauptbahnhof in Oppeln versammelt wurden. Auf diese Weise setzte sich die Jugend für die zweisprachigen Ortsschilder ein, die am vergangenen Samstag Gegenstand eines Angriffs von Janusz Kowalski, stellvertretender Minister und Mitglied der Partei Solidarna Polska waren, der deren Entfernung forderte.
"Wir erwarten ein Ende der Spaltungspolitik. Deshalb stehen wir alle hier zusammen", sagte Zuzanna Herud, Vizevorsitzende des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit. Viele unterstützende Worte wurden von jungen Vertretern verschiedener Organisationen ausgesprochen. "Diese Ortsschilder sind Teil unserer Region; und sie ist in Polen als eine Region der Eintracht betrachtet" (Tobiasz Gajda, Vorsitzender der Partei Młodzi Demokraci Opole). "Wie lange noch werden sie versuchen, uns zu spalten? Haben wir im Moment keine anderen Probleme, als einen Keil zwischen Minderheiten zu treiben?" (Szymon Folp, Szymon Hołownia Ruch Obywatelski).
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Der Protest junger Menschen endet nicht bloß mit ihren Erklärungen. Es ist in erster Linie die Kampagne #wPolsceusiebie #naszHeimat, die sie initiiert haben, "die den Multikulturalismus der Region betonen und zeigen soll, dass Minderheiten seit Jahren in Polen leben. Auf diese Weise wollen junge Menschen stolz auf ihre Identität sein und Respekt vor Minderheiten und Multikulturalismus zeigen. Jeder, der Minderheiten, ihre Kultur, Sprache und Rechte, die in der Verfassung garantiert sind, unterstützen möchte, kann sich der Aktion anschließen ", sagen sie darüber. Wir haben am Montag mehr über die Aktion geschrieben. Seit ihrem Anfang sind Dutzende von Fotos in sozialen Medien vor dem Hintergrund zweisprachiger Tafeln erschienen. Die Aktion wurde auch im Ausland unterstützt − Fotos mit dem Hashtag #wPolsceusiebie #naszHeimat wurden nicht nur von Vertretern der deutschen Minderheit in Polen, sondern auch von Lenau Haus in Ungarn und AGDM - Arbeitsgruppe der Bundesunion der europäischen Nationalitäten in Berlin veröffentlicht.
Für die deutsche Minderheit sind zweisprachige Ortsschilder mehr als ein Symbol − sie sind ein Lackmustest für die Achtung der Minderheitenrechte. Zu ihrer Verteidigung erklärte sich zu Beginn der Woche Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Dr. Bernd Fabritius: „Die deutsche Minderheit in Polen ist durch die Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten sowie der Charta zum Schutz von Regional- und Minderheiten geschützt. Diese Regelwerke wurden von Polen ratifiziert und gelten dort als direktes Recht. Wir werden im engen Austausch mit unseren Partnern vor Ort genau darauf achten, dass die Rechte nationaler Minderheiten ohne jede Einschränkung zum Tragen kommen.“
Als Antwort auf die Aussage des stellvertretenden Ministers Kowalski, dass es sich um rechtswidrig installierte deutsche Namen handele, erklärt der Vorsitzende von SKGD Oppeln, Rafał Bartek, in einem Interview für TVP 3 Opole: "Wir sprechen nicht über deutsche, sondern über zweisprachige Ortsschilder“. In einer Erklärung für Radio Opole fügt er hinzu: "Die von MP Kowalski verwendeten Argumente wurden bereits 2014 analysiert und berücksichtigt. (...) Dann wurden alle Zweifel, die er heute auch aufwirft, endgültig ausgeräumt, was zur Einführung dieser Ortsschilder an den Stationen in Dembiohammer und Chrzonstau im Dezember 2015 führte. Das war bereits während der Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit, also war es eine Fortsetzung. Wenn diese Ortsschilder heute liquidiert würden, wäre mir klar, dass es eine politische Entscheidung wäre."
Der Streit um zweisprachige Ortsschilder hat auch einen breiteren Kontext, da die Volkszählung schon in zwei Monaten beginnen wird. Bernard Gaida, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen, appelliert: „Man muss nicht immer auf solch spektakuläre Weise das Recht der deutschen Minderheit auf die Sprache an Ortstafeln, Amtsschildern und in der Schule schützen. In zwei Monaten beginnt die Volkszählung, in der man antworten kann, dass man deutscher Nationalität ist und im Alltag die deutsche Sprache nutzt. Man antwortet dann allein am Computer. Aber von der Anzahl unser aller, die so eine Deklaration abgeben, hängt für die nächsten 10 Jahre das Schicksal der zweisprachigen Tafeln und des Deutschunterrichtes in den Schulen ab (...). Denken wir an Chrzonstau am 1. April."
*Auf der Pressekonferenz trafen sich Vertreter folgender Organisationen: Bund der Jugend der Deutschen Minderheit, Młoda Unia, Młodzi Demokraci Opolskie, Federacja Młodych Socjaldemokratów, Polska 2050 Szymon Hołownia Ruch Obywatelski, Młodzi Razem sowie Forum Młodych Ludowców.