"Wo findet die Seele die Heimat, die Ruh?
Wer deckt sie mit schützenden Fittichen zu?
Ach bietet die Welt keine Freistatt uns an,
wo Sünde nicht herrschen, nicht anfechten kann?"
Am vergangenen Wochenende fanden an verschiedenen Gedenkorten die Andachten zum Tag der Oberschlesischen Tragödie statt. Somit wurde an die jahrelang in Vergessenheit geratene Ereignisse, an die erst seit ein Paar Jahren wieder erinnert wird, zurückgeschaut. Trotz Kälte haben sich in Schwientochlowitz, Stollarzowitz, Lamsdorf und an anderen Orten Menschen gesammelt, um die gestorbenen und ermordeten Opfer der Arbeitslager der Nachkriegszeit zu gedenken.
"Während ich vor diesem Lagertor stehe, fühle ich mich mit denen verbunden, die nach dem Krieg nicht lebend herausgekommen sind, weil sie Deutsche waren oder weil sie als Deutsche anerkannt wurden. Wir bemühen uns, diesem Erbe der Erinnerung treu zu bleiben. Jeder auf seine Weise. Wie immer in Schlesien. Es gibt mir und Tausenden anderen Schlesiern die Kraft und Motivation, auch während der Volkszählung immer zu sagen: Ich bin Deutscher! Und als Deutscher bin ich Schlesier", mahnte Bernard Gaida, der Vorsitzende des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, während der Veranstaltung vor dem Tor zum ehemaligen Lager Zgoda in Schwientochlowitz. Der von der Bewegung für die Autonomie Schlesiens organisierten Gedenkveranstaltung beteiligten sich auch andere Vertreter der deutschen Minderheit: Martin Lippa (DFK Woiwodschaft Schlesien) und Eugen Nagel (DFK Kattowitz) sowie zahlreiche Mitglieder. Vollständiger Bericht hier.
Am Samstag in Königshütte und am Sonntag in Guttentag fanden heilige Messen statt, die den Opfern der oberschlesischen Tragödie gewidmet waren. Anschließend wurden auch an den nahegelegten Friedhöfen Blumenkränze niedergelegt.
Zahlreich, trotz Kälte, wurde an die Ereignisse in Lamsdorf erinnert, auf dem Gelände des größten Arbeitslagers der Nachkriegszeit in Polen. "Wir gedenken auf jedem Friedhof allen Opfern. Wir stehen hier an einem Ort, der aus Hass entstanden ist. (...) In diesem Grab haben ihre Ruhe vor allem Frauen, Kinder und Greise gefunden, die hier getötet wurden oder unterernährt durch Krankheiten ums Leben gekommen sind, und das nur weil sie Deutsche waren. Damals ist die Zivilbevölkerung zum Objekt des Hasses geworden. (...) Hier verstehen wir, dass sowohl das Leid wie auch das Verbrechen aller Nationen gemeinsam sind, und das Christentum uns um Barmherzigkeit für die Opfer und auch für die Täter beten lässt. Hoffentlich wird solche Rhetorik in den deutsch-polnischen Verhältnissen wieder herrschen", hieß es in der Rede von Bernard Gaida, dem Vorsitzenden des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen.
Voller Inhalt der Rede:
Auch die Generalkonsulin Birgit Fisel-Rösle hat sich an der Veranstaltung beteiligt. "An das Leid zu erinnern, das Deutsche anderen Deutschen und vielen anderen Nationen angetan haben, aber auch an das Leid, das die hier lebenden Deutsche als Folge dieser Verbrechen in schrecklicher Weise über sich ergehen lassen mussten, ist eine Verantwortung für uns als Nachfolgegeneration. Diese Verantwortung endet niemals" - rief sie zur ununterbrochener Erinnerung an die Ereignisse und an das Leiden der Opfer auf.
Voller Inhalt der Rede:
Diesen Wunsch bestätigte auch der an der Veranstaltung nicht persönlich anwesende Abgeordnete der Deutschen Minderheit, Ryszard Galla: "Auch wir im Kreise der deutschen Minderheit müssen ständig die Erinnerung an diese Ereignisse aufbauen und an zukünftige Generationen weitergeben. Es erfordert großes Engagement und Entschlossenheit. Zunächst einmal schulden wir es allen Opfern der oberschlesischen Tragödie, unter denen sich viele unserer deutschen Vorfahren, Verwandten oder Menschen befinden, die wir oder unsere Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern kannten", meinte er in einem an die Versammelten gerichteten Brief.
Unter den Teilnehmern waren auch Mitglied des Europäischen Parlaments Łukasz Kohut, Roman Kolek (Selbstverwaltung der Woiwodschaft Oppeln) und Rafał Bartek, Vorsitzeder des Regionalparlaments Oppeln.
Einen entsprechenden Rahmen gab der Veranstaltung auch das Gedenkgebet, gehalten von Priester Piotr Tarliński, Seelsorger der deutschen Minderheit, und Diakon Marek Dziony; ein Gebet, "das den Toten zu Gedenken hilft, vor allem aber uns den Trost spendet, und zugleich uns aufmuntert, für den Frieden einzustehen und den Frieden zu verteidigen und zu schenken".
Wir bedanken uns herzlich bei allen, die an diesem Tag – persönlich oder auch online – dabei waren.