Pascal und die zweite Welle
- geschrieben von Bernard Gaida
- Publiziert in Blogs
In der Philosophie ist die pascalsche Wette bekannt, die besagt, wenn man die Existenz Gottes nicht beweisen kann, ebenso aber auch nicht seine Nichtexistenz, ist es vernünftiger anzunehmen, es gibt ihn. So leben wir gut, um das ewige Leben zu erringen. Und wenn sich herausstellen sollte, es gibt keinen Gott oder kein Leben nach dem Tod, dann haben wir nichts verloren, wenn wir gut gelebt haben. Schlimmer wäre die umgekehrte Annahme, dass Gott nicht da ist, weshalb wir also ohne Gebote leben und am Ende feststellen müssen, dass wir unser ewiges Leben mit ihm im Himmel verloren haben.
Es ist nur meine Zusammenfassung seiner Gedanken, die aber in dieser Zeit wichtig scheinen. Das Internet, private Gespräche, Medien, öffentliche Versammlungen drehen sich nun nicht mehr nur um Politik, sondern auch um die Frage, ob es die Pandemie gibt oder nicht. Eine weitere Gelegenheit zu Teilungen in der Gesellschaft, zu Protesten und Attacken. Auf die Bekanntmachung der Beschränkungen, deren Synonym die Schutzmaske wurde, antworteten einige mit einer gegnerischen Haltung. Manche taten es demonstrativ auch in Form von Straßenprotesten, andere ignorieren leise, aber sichtbar die Vorschriften. Ein unrühmliches Beispiel sind sogar Geistliche, die trotz des Dekrets des Oppelner Bischofs weiterhin die Kommunion ohne Maske austeilen, die die Gläubigen nicht aufteilen in diejenigen, die die Kommunion in den Mund und diejenigen, die sie weitaus hygienischer in die Hand empfangen wollen. Man könnte etliche weitere Beispiele anführen. Proteste gegen die Pandemie gibt es natürlich auch in anderen Ländern, auch in Deutschland, doch sie ändern nichts daran, dass dort die Kommunion nur auf die Hand ausgeteilt wird, dass z.B. in Berliner Kirchen nur jede zweite Bank besetzt sein darf, dass man beim Betreten der Kirche (aber auch eines Restaurants) seine Kontaktdaten hinterlegen muss.
Gestern habe ich mir die Europakarte angeschaut, auf der die Infektionszahlen je 100.000 Einwohnern gezeigt wurden. In fast ganz Deutschland liegt dieser Wert unter 35 und in allen Nachbarländern, Polen eingeschlossen, ist er über 50 und mancherorts sogar über 100. Statt sich also zu streiten, ob es die Pandemie gibt oder nicht, denken wir wie Pascal. Wenn wir nicht einer Meinung sind, nehmen wir zu unserem gemeinsamen Wohl an, dass die Gefahr da ist und dass soziale Distanz sowie das Tragen von Masken uns vor ihr schützt. Wenn es die Pandemie nicht gibt, riskieren wir nichts außer einem längeren Aufenthalt zu Hause, häufigerem Händewaschen und selteneren Familienfeiern. Und wenn es die Pandemie doch gibt, retten wir unser Leben und vielleicht das eines anderen. Außerdem muss dann eine diszipliniertere Gesellschaft nicht alles schließen - und sich selbst in den Häusern einschließen.