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Bernard Gaida

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Neue Diskriminierung

Es sind unruhige Zeiten um uns. Irgendwo im Osten der Ukraine droht den Menschen ein Krieg. Ein weiterer, weil der Donbass immer noch von den Russen besetzt ist. Viele Länder helfen aktiv, indem sie Waffen schicken und sich unmissverständlich auf die Seite der Ukraine stellen.

Aus Deutschland kommen keine Waffen, aber oft Worte der Unterstützung für die Ukraine, wenn auch mehrdeutig kombiniert mit Worten über die Notwendigkeit, Putins Erwartungen zu verstehen, über die Krim als eine vollendete Tatsache. Die Lieferung von 5.000 Helmen verstärkt nur die Enttäuschung über diese Politik. Der Vorsitzende der deutschen Minderheit in der Ukraine schreibt mir, dass diese Vermeidungspolitik und unklare Haltung gegenüber dem aggressiven Russland potenzielle Schwierigkeiten für die Situation der Deutschen in der Ukraine bedeuten könnte. Ein weiterer Beweis dafür, wie die deutsche Politik einen Vorwand für Vergeltungsmaßnahmen gegen die deutsche Minderheit liefern kann.

Ich verwende das Wort Vorwand absichtlich, weil die angeblichen Mängel beim Unterricht von Polnisch in Deutschland für den Sejm und die Regierung Polens eben ein Vorwand waren, die Kürzung der Bildungssubvention so zu beschließen, dass die Anzahl der Unterrichtsstunden von Deutsch als Minderheitensprache verringert wird, dies aber keine andere Minderheitensprache betrifft. Tatsächlich passt dies zur langjährigen antideutschen Propaganda der aktuellen Regierung.

Für die deutsche Minderheit ist es der zweite Schlag nach der vor einiger Zeit vorgenommenen Gesetzesauslegung durch das Bildungsministeriums, die in den Klassen 7 und 8 zu einer Reduzierung der Deutschstundenzahl um zwei bzw. drei führte. Ich habe damals persönlich Gespräche auf Ministerebene geführt, juristische Analysen vorgelegt, denen der Minister nicht einmal widersprochen, die Stundenzahl aber trotzdem reduziert hat. Ich befürchte, dass auch diesmal keine Gespräche helfen, wenn sie nicht durch intensives Handeln auch von anderen Seiten unterstützt werden.

Gestern hat die Schlesische Universität schriftlich protestiert, Petitionen werden weiterhin unterzeichnet und Kommunalverwaltungen beschließen Appelle. Und so sollte es auch sein. Aber selbst, wenn der Minister unter diesem Druck Mittel findet, um die bereits entstandene Finanzlücke zu schließen, ist eines passiert. Bisher hat die polnische Minderheitenpolitik trotz ihrer Schwächen eine antidiskriminierende Rolle gehabt. Bei der Abstimmung im Sejm am Donnerstag stellte sich heraus, dass die parlamentarische Mehrheit keinen Widerstand gegen die Einführung des Diskriminierungsprinzips hatte.

Am Sonntag in Lamsdorf, über den Gräbern derer, deren einziges „Vergehen“ die Tatsache war, dass sie Deutsche waren, habe ich gesagt, wenn wir heute die Augen vor der neuen Diskriminierung verschließen, wird sie nur noch zunehmen. Dies ist eine Verpflichtung für alle. Auch für uns vom VdG.

Bernard Gaida

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Tragödie der Diskriminierung

In Schlesien gibt es wie jedes Jahr Veranstaltungen zum Gedenken an die Oberschlesische Tragödie, die ich "die Nachkriegstragödie der Deutschen im Osten" nenne und daran erinnere, dass Vertreibungen, Arbeitslager, Deportationen in die UdSSR, Vergewaltigung, Leid und Tod auch Deutsche in Rumänien, Ungarn, in der Tschechoslowakei und in ganz Ostdeutschland, also auch in Pommern, Ost- und Westpreußen, in Danzig, Lodz und Posen betrafen. Timothy Snyder schrieb 2011 über Nessau (Nieszawa): „Im Frühjahr 1945 wurden 38 Deutsche in die Weichsel geworfen – Männer, Frauen und Kinder. Die Erwachsenen wurden vorher getötet.“ Diese Rache der Sieger an der unschuldigen und wehrlosen Bevölkerung geschah überall.

Durch eine traurige Wendung des Schicksals haben die diesjährigen Feierlichkeiten einen neuen Akzent erhalten. Die damalige Tragödie endete nicht mit der Schließung des letzten Nachkriegslagers für Deutsche, sondern veränderte nur ihr Gesicht. Diskriminierung galt nicht mehr ihrem Leben, sondern ihrer Seele und ihrem Verstand, ihrer Identität. Das Werkzeug war der Angriff auf die aus allen Lebensbereichen entfernte deutsche Sprache der Schlesier, Masuren, Kaschuben und Ermländer, ein Angriff mit dem Ziel, ihr Wesen, ihre Kultur und Erinnerung an ihre eigene Geschichte zu verlieren. Es schuf Hunderttausende von Menschen, die auswanderten, weil sie wussten, dass Polen es ihnen nicht erlauben würde, Kinder im Geiste der eigenen deutschen Tradition Schlesiens zu erziehen. Die Zurückgebliebenen blickten oft hilflos auf die Auswirkungen der Polonisierung nicht nur ihrer Heimat, sondern auch ihrer Kinder. Es ist auch die Tragödie Schlesiens - und dieser Aspekt erweist sich heute wieder als aktuell.

Das Nachkriegsleid der deutschen Zivilbevölkerung war möglich, weil das System die Missachtung von Menschenrechten und Diskriminierung als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele zuließ. Ziel war es, die verbliebenen Deutschen in Polen zu polonisieren. Wenn ich daher heute höre, dass ein Minister der polnischen Regierung beabsichtigt, die Subventionen für den Unterricht in Minderheitensprachen so zu kürzen, dass es nur die deutsche Sprache betreffen soll, warne ich, dass es eine ähnliche Diskriminierung sein wird.

Am kommenden Samstag und Sonntag werde ich die Gedenkfeiern am Lagertor Zgoda und in Lamsdorf besuchen mit der Überlegung, dass es nach Jahren anhaltender kommunistischer Diskriminierung auch im demokratischen Polen nie den Willen gab, die versprochenen deutschen Schulen zu schaffen und jetzt soll sogar deren Ersatz in Form von drei Stunden Zusatzunterricht vernichtet werden. Werden die Tragödie und Diskriminierung der Deutschen im Osten eines Tages enden?

Bernard Gaida

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Ethische Dimension

Ich kann nicht mehr zählen, wie viele Menschen ich besucht habe, mit wie vielen ich über den Plan gesprochen habe, die Subventionen für den Deutschunterricht für Schüler aus der deutschen Minderheit zu kürzen. In all den Interviews, auf Pressekonferenzen, in Experteninterviews oder in der Stellungnahme des Ombudsmanns werden rechtliche, finanzielle und soziale Aspekte analysiert. Inzwischen hat die Sache, abgesehen von diesen vielen wichtigen Aspekten, eine weitere Dimension, die ich für die Zwecke dieser Kolumne die ethische nennen werde.

Es ist logisch, da die Rechte nationaler Minderheiten aus den Menschenrechten hervorgehen und ihre eindeutig ethische Dimension haben. Sie basiert auf dem Begriff der „menschlichen Person“ und der damit verbundenen Würde, die Rechte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Zugang zu Bildung voraussetzt. Freiheit ist auch das Recht, die eigene Identität zu definieren, das heißt, auch die Zugehörigkeit zu einer Sprachgemeinschaft.

Hier berühren wir, was in der aktuellen Debatte oft ausgeblendet wird, nämlich die weniger rechtlichen als eher ethischen Verpflichtungen des Staates gegenüber seinen vom Nachkriegsschicksal besonders betroffenen Bürgern. Konzentrieren wir uns nur auf die Sprache, die durch die Grenzverschiebungen und die Vertreibung von Millionen Deutschsprachigen in Schlesien, Pommern, Ermland, Masuren und vielen anderen Orten plötzlich von der Amtssprache zur Sprache einer kleinen Gruppe von Einwohnern wurde. Nur diejenigen Einwohner, die zwar aus verschiedenen Gründen nicht vertrieben, später nicht ausgesiedelt wurden, aber als Deutsche (mit wenigen Ausnahmen in Niederschlesien und Pommern) nicht geduldet waren. Auch ihre Sprache, die zu Recht als wichtigster Bestandteil ihrer deutschen Identität galt, wurde nicht geduldet. Daher wurden sie einer effektiven sprachlichen Diskriminierung ausgesetzt, die diese nicht nur aus dem öffentlichen Raum, sondern auch aus dem privaten Bereich verbannte.

In den Schubladen vieler unserer Häuser liegen Bußgelder für den Gebrauch der deutschen Sprache im Stall oder auf dem Feld. Die Archive enthalten Dokumente über die Unterbringung in Arbeitslagern wegen derselben „Vergehen“. Ich erinnere mich, dass ich in der Schule von Lehrern schikaniert wurde, sogar wegen nur einzelner deutscher Wörter. Bei Bewerbungen um Stellen in Ämtern oder anderen Führungspositionen wurden bei der Frage nach Fremdsprachenkenntnissen Deutschkenntnisse verschleiert, um die Stelle bekommen zu können. All dies war nichts anderes als der Entzug der Freiheit, die jedem Menschen zusteht.

Das demokratische Polen ermöglicht es, verstaatlichtes Eigentum in Reprivatisierungsprozessen zurückzugewinnen, um die Gerechtigkeit wiederherzustellen. Die Sprache verdient auch die Wiederherstellung der Gerechtigkeit, das heißt, ihren früheren Platz in der Gemeinschaft, die von der Staatsmaschinerie diskriminiert wurde. Der Sejm darf dies nicht verhindern, indem er Gelder für die Bildung wegnimmt.

Bernard Gaida

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Lassen wir es nicht zu!

Seit mehreren Wochen werden wir alle vom Abgeordneten Janusz Kowalski mobilisiert, außergewöhnliche Maßnahmen zu ergreifen, um nicht zu sagen, zu kämpfen. Seit dem 17. Dezember droht uns ein weiterer, heftiger Schlag gegen den Deutschunterricht. Ein weiterer, denn schon stillschweigend, unter dem Vorwand einer Neuauslegung des Bildungsgesetzes, wurden Schülern der älteren Jahrgangsstufen zwei bis drei Deutschstunden pro Woche genommen.

In der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, die meisterhaft die Idee des Sozialismus mit dem Nationalismus verbunden hatte, waren folgende Worte Wilhelm von Humboldts gewiss bekannt: „Die wahre Heimat ist eigentlich die Sprache. Sie bestimmt die Sehnsucht danach, und die Entfernung vom Heimischen geht immer durch die Sprache am schnellsten und leichtesten, wenn auch am leisesten vor sich.” Daher richtete sich auch jeder Nationalismus gegen die andere Sprache, deren Erlernen und Gebrauch. Die mithilfe des Sejm eingeführte drastische Kürzung der Finanzierung des Unterrichts soll eben diesem Zweck dienen.

Aber unerwartet sehen wir, dass es diesmal Widerstand gibt. Der Widerstand von uns und denen, die verstanden haben, dass diese scheinbar rein haushaltspolitische Entscheidung in Wirklichkeit ein Angriff auf die Minderheitenrechte, die Bürgerrechte und den Wert der eigenen Sprache für die menschliche Identität ist. Dieser Widerstand kann der positivste Effekt der aktuellen Situation sein. Diesmal traten neben mir und anderen Minderheitsvertretern junge Menschen zur Verteidigung der deutschen Sprache auf, eine Reihe von Aktivisten, Freunde von uns Deutschen in Schlesien, Pommern, Ermland und Masuren, Polen, die sich der Bedeutung von Bildung bewusst sind, aber auch Vertreter schlesischer Organisationen, die plötzlich erklären, dass die deutsche Sprache auch ihr kulturelles Erbe ist.

Abgeordnete, die für eine schrittweise Kürzung der Förderung von Minderheitensprachen gestimmt haben, haben, wie niemand zuvor, vielen von uns den Wert der deutschen Sprache für uns bewusst gemacht. Schließlich kämpft niemand gegen etwas Wertloses. Vielleicht hatte also derjenige Recht, der mir sagte, dass der Abgeordnete Kowalski erfunden werden müsste, wenn es ihn nicht schon gäbe. Eine so klare Solidarität mit der deutschen Sprache, unserem darauf aufbauenden Erbe, war seit 30 Jahren nicht möglich. Möge sie unsere Herzen ergreifen, dort bleiben und ein größeres Bedürfnis auslösen, diese Sprache in uns, in unseren Häusern und auf den Straßen wiederzubeleben. Adam Mickiewicz paraphrasierend, der sagte "Wer dich noch nie verloren, der hat dich nicht erkannt.", sehen wir den Wert, den man uns nehmen will. Lassen wir es nicht zu!

Bernard Gaida

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