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Helmut Kohl ist tot

16 Jahre regierte er die Bundesrepublik – länger als jeder andere Bundeskanzler. Helmut Kohl wurde als „Kanzler der Einheit“ verehrt, polarisierte aber auch. Er starb am Freitagmorgen im Alter von 87 Jahren in seinem Haus.

Kohl war in den 1970er-Jahren einer der jüngsten CDU-Spitzenpolitiker und reformierte als CDU-Bundesvorsitzender seine Partei. Nach einigen Jahren als Leiter der Partei, wurde Kohl schließlich am 1. Oktober 1982 zum Bundeskanzler gewählt und gestaltete seitdem den Prozess der Wiedervereinigung 1989/1990 entscheidend mit.

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde Helmut Kohl zwei Mal wiedergewählt und ging als einer der erfolgreichsten Bundeskanzler Deutschlands in die Geschichte ein. Er selber hatte maßgeblichen Anteil an vielen Reformen, die den Erfolg Deutschlands bis heute prägen.

Für die deutsche Minderheit in Polen ist Kohl einer der wichtigsten deutschen Politiker überhaupt. Legendär ist mittlerweile die Versöhnungsmesse in Kreisau bei der sich der damalige Premiermister Polens Tadeusz Mazowiecki ein Zeichen der offiziellen deutsch-polnischen Versöhnung gaben. Unter der Regierung Kohls wurde ebenfalls der bis heute als Meilenstein angesehene deutsch-polnische Vertrag unterzeichnet sowie die Strukturen der deutschen Minderheit in erheblicher Art und Weise gefördert. Die deutsche Unterstützung der Regierung Kohls hat die Fundamente praktisch aller heute wirkenden Strukturen der deutschen Minderheit etabliert.

Für seine Verdienste um die deutsch-polnische Versöhnung wurde Altkanzler Helmut Kohl 2010 die Goldene Brücke des Dialogs des Hauses der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit und der Woiwodschaft Oppeln verliehen. Da Helmut Kohl damals nicht persönlich zum St. Annaberg kommen konnte, wurde ihm der Preis knapp ein Jahr später in seinem Haus in Ludwigshafen übergeben.

Welche Rolle Helmut Kohl in den Erinnerungen der deutschen Minderheit in Polen spielte, zeigen die Reaktionen ihrer Mitglieder nach seinem Tod. Die Nachricht löste Trauer bei allen Generationen der Deutschen aus Polen aus: „Als Kind hatte ich die Gelegenheit bei der Versöhnungsmesse in Kreisau Helmut Kohl einen Blumenstrauß zu überreichen. Ich sollte damals sagen, die Blumen seien von den Kindern aus Oberschlesien. Ich brachte kein Wort heraus, so fest war Helmut Kohls Händedruck. Das ist meine persönliche Erinnerung an Altkanzler Kohl“, schrieb nach seinem Tod Chefredakteur der Zeitung der Deutschen in Polen Rudolf Urban. Sein Vater hat während der Versöhnungsmesse die schon legendäre für die deutsche Minderheit Inschrift „Helmut, Du bist auch unser Kanzler“ gehalten. Persönlichen Kontakt hatte mit dem Bundeskanzler auch der Vorsitzende des VdG Bernard Gaida: „Ich hatte auch die Gelegenheit damals als ganz normales Mitglied der deutschen Minderheit den Bundeskanzler mit Erzbischof Nossol und Premierminister Mazowiecki auf dem Altar zu sehen“, sagte Bernard Gaida noch 2011. Damals konnte auch er sich mit Kohl in seinem Haus in Ludwigshafen treffen, doch leider blieb dies auch das letzte Treffen der beiden. Der Vorsitzende der SKGD im Oppelner Schlesien Rafał Bartek schriebt über Kohl hingegen, dass er „ein großer Mann war, der viel für uns alle getan hat“. Auch Bartek konnte Kohl während der Verleihung der Dialogbrücken treffen. Ein herrliches „vergelt's Gott“ hat hingegen der Bundesbeauftragte Hartmut Koschyk an den verstorbenen Altkanzler gerichtet. Nach Koschyk habe Kohl „viel für Deutschland, Europa und die Welt geleistet“.

Altkanzler Kohl soll in Speyer bestattet werden. Im Konsulat der BRD in Oppeln gibt es hingegen eine Möglichkeit sich in ein Kondolenzbuch von Helmut Kohl einzutragen.

Letzte Änderung am Dienstag, 20 Juni 2017 21:19